Donnerstag, 15. März 2018

Keinen Deut anders



In der vergangenen Woche ließen sich Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache nach dem Ministerrat für den Verzicht auf die automatische Anpassung, sprich Erhöhung, der Parteienförderung feiern und hatte keine Scheu, das als „sparen“ zu verkaufen. „Wir wollen im System sparen und dazu sollen auch die Parteien einen Beitrag leisten“, sagten sie einträchtig.

Der gemeine Staatsbürger, respektive die gemeine Staatsbürgerin, weiß – alles ist relativ. Schon gar wenn man den Verzicht auf eine automatische Erhöhung, die man seinerzeit ins System einbaute, wohl um Diskussionen aus dem Weg zu gehen, als „sparen“ verkauft. Denn als „sparen“ versteht man gemeinhin, wenn man künftighin mit weniger Geld auskommen muss, als zuvor. Nur die Regierung scheint darunter auch zu verstehen, wenn man auf etwas, das man bekommen könnte, verzichtet.

Wie in den vergangenen Jahren ist dieser Budgetposten auch in Zukunft mit 29,4 Mill. Euro dotiert und nicht mit 31,1 Millionen. Für die Parteien hätte es also 1,7 Millionen Euro mehr geben können. Sparen, das wird der guten Schlagzeilen wegen einfach unterschlagen, müssen sie deswegen keinen einzigen Euro. 

Ganz abgesehen davon, dass diese Erhöhung auf die man jetzt so schlagzeilenträchtig verzichtet nicht viel mehr sind, als ein paar Brösel auf dem reich gedeckten Parteientisch. Denn zählt man alles zusammen, macht die Parteienförderung in Österreich schon jetzt nicht weniger als 209 Mill. Euro aus. Gut 142 Millionen davon sind der klassischen Parteienförderung zuzuzählen, knapp 50 Millionen der Förderung von Parlaments- und Landtagsclubs und 12,5 Millionen für die politischen Akademien der Partien. Und als ob das nicht genug wäre, fließen auch auf Ebene der Gemeinden noch zusätzlich Gelder.

Aber dennoch werden Politiker beklatscht dafür, dass sie diese Summe nicht noch weiter erhöhen. Gar nicht zu reden davon, dass vom richtigen sparen keine Rede ist, schon gar nicht von echten Einschnitten in der Parteienförderung. Von den Politikern der Regierungsparteien sowieso nicht, bis auf die Neos auch nicht von denen der Opposition, aber auch sonst von niemandem. Kommentarlos nahm man die Verkündung der heimischen Regierungsspitze hin und rapportierte sie brav und unkommentiert in den Medien - selbst so nonchalant-dreiste Äußerungen, wie die des Vizekanzlers, der meinte, „wir verfügen jetzt schon über eine der höchsten Parteiförderungen in Europa, daher ist es angebracht, das wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und diese fünfprozentige Erhöhung einsparen“.

Es ist nur ein Beispiel dafür, wie alt die Politik der neuen Regierung , die angetreten ist, das Land zu erneuern und Altes aufzubrechen, in vielen Teilen dennoch ist. Und es ist nur ein Beispiel dafür, wie leicht sich die Menschen, selbst wenn sie sich zu Gute halten, kritisch und aufmerksam zu sein, blenden lassen und dabei den Fokus auf die eigentlichen Themen verlieren. Und wie festgefahren Verhaltensweisen und Denkmuster nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Bürgerinnen und Bürgern sind.

Es gibt auch andere Beispiele, die einen Staunen lassen. Die Umfärbung des ÖBB-Aufsichtsrates durch den blauen Verkehrsminister Hofer ist so eines. Ohne sachliche Not wurde fast der gesamten Aufsichtsrat ausgetauscht und mit eigenen Parteigängern besetzt. Kaum Proteste, keine Aufregung. Als österreichischer Politbrauch wurde es hingenommen, um Notwendigkeit und gar um die Qualifikation der Neuen ging es kaum. Schier überall nur verständnisvolles Abnicken eines an sich unerhörten Vorgangs, in einem Land, das seit Jahrzehnten fest in der Hand von Parteien ist. Selbst, dass sich ausgerechnet die SPÖ echauffierte und dass sie dabei auch noch von bestimmten Kreisen unterstützt wurde, passte in dieses Bild. Eine grundsätzliche Diskussion, wie und nach welchen Kriterien Aufsichtsräte in öffentlichen Unternehmen zu besetzen seien, kam freilich auch da nicht zustande. Nicht anders wie bei der Parteienfinanzierung.

Man staunt nicht nur in diesen Fällen, wie selbst größte Ungeheuerlichkeiten hingenommen werden, wenn es den Menschen ins Konzept passt. Man staunt, wieviel Honig sie sich ums Maul schmieren lassen, wenn es nur die ihrer Ansicht nach Richtigen tun.

Nicht staunt man freilich sonderlich darüber, dass die, die angetreten sind, das Land zu erneuern, wohl auch um keinen Deut anders sind, als ihre Vorgänger. Sie machen es offenbar nur besser.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 15. März 2018 

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