Samstag, 9. September 2017

Neue Millionen für Landwirte



Der Bauernbund will eine Prämie für gentechnikfreie Produktion. Die EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger geht nach Wien und nennt einen Südtiroler als ihren Nachfolger in Agrarfragen.

Hans Gmeiner

Ried/Innkreis. So schaut eine perfekte Kulisse für einen Wahlkampf aus. Vor dem „Keine Sorgen“-Saal auf dem Messegelände spielte die Blasmusik auf, im Saal drängten sich Hunderte Bauern. Auf der Rieder Messe machten am Freitag die Liste Kurz und der ÖVP-Bauernbund die Landwirtschaft zum Thema. Zwei Zuckerl stachen dabei heraus. ÖVP-Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter präsentierte ein 40 Millionen Euro umfassendes Förderungspaket, mit dem insbesondere die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte, aber auch das bäuerliche Bildungssystem gestärkt werden sollen. Das Geld dafür komme aus Rücklagen, sagte Rupprechter. „Wir wollen damit die Wende auf den Agrarmärkten nutzen, um den Bauern eine positive Perspektive zu geben.“ Das Geld wird in erster Linie Verarbeitern und Organisationen zukommen. Was davon direkt auf die Bauernhöfe fließen soll, blieb offen. Der Landwirtschaftsminister geht davon aus, dass das Förderungspaket Gesamtinvestitionen von rund 200 Mill. Euro auslöst.

Punkten bei der bäuerlichen Wählerschaft wollen die Türkis-Schwarzen auch mit ihrer Forderung nach einem Bonus für die gentechnikfreie (GVO-freie) Produktion, der sich die heimische Landwirtschaft in den vergangenen Jahren verschrieben hat. Die Vorstellungen sind freilich noch wenig konkret. „Wir wollen damit Verhandlungsmasse für die Gespräche zur EU-Agrarreform und zum EU-Finanzrahmen aufbauen“, sagt die EU-Parlamentarierin und ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. „Länder, die auf den GVO-freien Anbau setzen, sollen mehr Geld bekommen.“ Denkbar ist auch ein Rabatt bei den Zahlungen an Brüssel. Abgegolten werden sollen damit vor allem die höheren Produktionskosten, die der Verzicht auf gentechnisch veränderte Futtermittel verursacht. Die Krux des Plans liegt möglicherweise im Detail. In Österreich wird zwar im Ackerbau, in der Milch-, Geflügel- und Eierproduktion GVO-frei produziert, in der Schweinefleischproduktion kommt man aber ohne gentechnisch verändertes Soja in der Fütterung nicht aus. Dafür gibt es in Europa, aber auch international zu wenig GVO-freie Ware.

Köstinger wird sich wohl auch in Zukunft kaum damit beschäftigen, ob das in Brüssel durchgesetzt wird. Nach der Wahl werde sie als Abgeordnete vom EU-Parlament in den Nationalrat nach Wien übersiedeln, sagte sie am Freitag.

Damit verlieren die heimischen Bauern just in der heißen Phase der Verhandlungen um die nächste Agrarreform und den EU-Finanzrahmen ihre wichtigste Vertreterin im EU-Parlament. Nachfolgen wird ihr bis zur nächsten Europawahl 2019 entweder Ex-Justizministerin Beatrix Karl, die zum ÖAAB zählt, oder der nö. ÖAAB-Obmann Lukas Mandl. Als ihren „Nachfolger“ in Agrarfragen in Brüssel nannte Köstinger keinen Österreicher, sondern den Südtiroler EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann. Der ist immerhin auch Mitglied des Tiroler Bauernbundes. „Schon bisher arbeiteten wir eng zusammen.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 9. September 2017

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