Donnerstag, 4. Mai 2017

Rechte Scharfmacherei von links



Der Sturm der Entrüstung, der dieser Tage durchs Land ob der Enns tobte, war ein beträchtlicher. Die Arbeiterkammer und ein hochrangiger ÖGB-Funktionär sorgen mit einem Unternehmer- und Bauernbashing, das man längst überholt und eingemottet glaubte, für helle Aufregung. Aber damit nicht genug. Selbst die Landesvorsitzende der SPÖ greift tief in die Mottenkiste.

"Wir müssen verdammt noch mal schlanker werden, auch wenn die Mitarbeiter dabei noch kranker werden" werden in einem Video, in dem die Arbeiterkammer für eine "Leistungskarte" wirbt, die Unternehmer des Landes frontal und ohne jede Differenzierung angegangen. "Ich bin ein Narziss und verantwortungslos, friss oder stirb, egal wie laut ihr brüllt, das ist die Dynamik, die meine Taschen füllt", rappt ein gelackter Schnösel, der, ein Glas Champagner in der Hand, einer schwangeren Mitarbeiterin einen Hunderter ins Dekolleté steckt und mit den Geldscheinen um sich schmeißt. Und dann am Ende des Spots redet der Arbeiterkammerpräsident höchstselbst ganz pauschal von Arbeitnehmern als "Marionetten der Superreichen".

Schon wenige Tage zuvor sorgte ein ÖGB-Arbeiterbetriebsrat der Voestalpine mit einem Facebook-Eintrag bei den Bauern für Aufregung. "Juchu", postete er dort nach den Frostnächten, in denen tausende Obst- und Weinbauern um ihre Existenz bangen mussten. "In Österreich gibt es im April Schnee. Nun können die Bauern wieder jammern und sudern. Hat das Beten am Sonntag doch etwas gebracht!"

Und da passt ins Bild, dass die Landesobfrau der Sozialdemokraten in Oberösterreich seit Beginn des Monats im ganzen Land plakatieren lässt, dass sie, wenig fein und undifferenziert in der Wortwahl, gegen "Scheißjobs" sei, ganz so als ob ein jeder ein solcher sei.

Seither steht alles auf dem Kopf im Land ob der Enns. Die Wirtschaftskammer hat der Arbeiterkammer die Zusammenarbeit aufgekündigt, inzwischen ist sogar der neue Landeshauptmann eingeschaltet, um die Wogen zu glätten. Und die Bauern sind aus dem Häuschen und toben.

Nur die Angesprochenen sitzen da wie die kleinen Kinder im Sandkasten. Der Spot sei "zum Lächeln und Grinsen" gedacht, ließ der Arbeiterkammerpräsident trotzig wissen und dementiert einen "Generalangriff auf Unternehmer". Und der unselige Arbeiterbetriebsrat sagte kleinlaut: "Das wollte ich nicht. Das war nicht so gemeint" und redete dann sogar "von meinen Bauern", als ihm klar wurde, dass in seinem Unternehmen tausende Nebenerwerbsbauern beschäftigt sind, die auch er vertreten sollte.

Man stelle sich vor, die Unternehmer oder die Bauern würden so über Arbeitnehmer reden und über Arbeitslose, wie das die Sozialdemokraten tun. Was ist bloß in die gefahren, fragt sich das Publikum. So Plattes und Derbes war schon lange nicht mehr auf dem politischen Parkett zu hören. Muss man, um sich zu profilieren, wirklich das Umfeld ohne Wenn und Aber schlecht machen? Ist es wirklich nötig in einer Welt, die ohnehin schon an Zuspitzung und undifferenziertem schwarz-weiß Denken krankt, das im Stil rechter Populisten und Scharfmacher noch weiter vorantreiben? Will man noch mehr Gräben aufreißen und die Menschen gegeneinander aufbringen?

Wo, fragt man sich, bleibt da der gegenseitige Respekt und die Verantwortung und wo die Wertschätzung? Wo das Gespür für die Realität? Oder ist es einfach die Panik, die die verantwortlichen Sozialdemokraten antreibt, sind doch die Umfrageergebnisse in Oberösterreich verheerend und die Kritik groß?

Angesichts des Tones, den man anschlägt, und angesichts der Vorwürfe, die man meint vorbringen zu müssen, muss man sich die Frage gefallen lassen, was man denn in den vergangenen Jahrzehnten zusammengebracht hat. Geht man nach dem, was man nach Jahrzehnten des Mitgestaltens und Mitregierens in verantwortungsvoller Position im Spot meint sagen und Plakaten schreiben zu müssen, kann das wohl nicht viel sein. Zumindest in den Augen von Sozialdemokraten, die ihre Hoffnungen auf die Partei und die Kammer gesetzt haben.

Den Arbeiterkammerpräsidenten, für den alle Unternehmer pauschal "verantwortungslose Narzissten" zu sein scheinen, scheint das alles nicht anzufechten. Am 1. Mai forderte ausgerechnet er "Respekt und Anerkennung" für seine Klientel ein.

Fragt sich bloß, warum dieser Respekt und diese Achtung nicht auch für Unternehmer gelten soll und, im Fall des Betriebsrates, auch für die Bauern.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 4. Mai 2017

PS: Redaktionschluss für diese Kolumne war vor dem Wirbel um die Rot-Grün-Broschüre der ÖVP. Darum sei extra angemerkt, dass sie, was Plattheit und alles andere betrifft, in die nämliche Kategorie fällt, wie die Ausfälle von Sozialdemokraten in OÖ. Allenfalls mag man einen Unterschied darin sehen, dass sich das VP-Pamphlet innerhalb der Politik abspielt, sich die AK-Kampagne und der voestalpine-Betriebsrat aber pauschal gegen Private, zu denen, auch wenn man oft nicht dieser Meinung zu sein scheint, auch Unternehmer und Unternehmen richten. Ungustiös ist jedenfalls beides.

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