Freitag, 2. Dezember 2016

Bauern denken wieder an Investitionen



Die Erholung der Milch- und Fleischpreise lässt die seit Jahren krisengebeutelte Landtechnikbranche hoffen. Nach dem Tief mit kräftigen Einbußen keimt wieder Zuversicht.

Hans Gmeiner

Wels. „Es sind spannende Tage“, sagt Karl-Heinz Denk, Verkaufschef von Schauer Agrotronic, dem größten heimischen Stall-Hersteller. Er betrachtet die landwirtschaftliche Fachmesse Agraria, die noch bis zum Samstag in Wels stattfindet, für die Landtechnikbranche als Stimmungsbarometer. „Danach werden wir mehr wissen.“

Die Branche steckt in einem hartnäckigen Tief. Die Krise in der Landwirtschaft und die seit fünf Jahren in Folge nicht nur in Österreich rückläufigen Bauerneinkommen machen den Herstellern zu schaffen. Denn angesichts leerer Kassen stehen die Bauern bei Investitionen auf der Bremse. Die Ausgaben für Landtechnik und landwirtschaftliche Bauten lagen schon im Vorjahr mit rund 1,86 Mrd. Euro um fast 20 Prozent niedriger als noch drei Jahre zuvor. Heuer hat sich die Entwicklung fortgesetzt. „Von einer Juhu-Stimmung ist derzeit nichts zu spüren“, sagt Hubert Huber, in Oberösterreich für die Abwicklung der landwirtschaftlichen Investitionsförderungen zuständig.

In der Landtechnikbranche hat diese Entwicklung tiefe Spuren hinterlassen. Im Sommer schlitterte der Pflughersteller Vogel&Noot in die Insolvenz. Bei Schauer Agrotronic etwa schrumpfte der Umsatz in den vergangenen vier Jahren von rund 50 auf 35 Mill. Euro. Der Landtechnikhersteller Pöttinger musste bei Grünlandmaschinen für die Milchbauern, dem wichtigsten Standbein in der Produktion, Einbußen von zwölf Prozent hinnehmen. Und die Traktorenhersteller müssen sich auf einem Markt zurechtfinden, der binnen vier Jahren um ein Drittel geschrumpft ist.

In vielen Unternehmen produziert man seit Jahren nur mehr gebremst, manche Betriebe mussten sogar Mitarbeiter abbauen. Dabei ist die Branche alles andere als verschlafen. Unternehmen wie Pöttinger, Steyr-Case, Schauer Agrotronic, aber auch Einböck oder Reform erzielen einen Großteil ihres Umsatzes im Export und zählen international zu den Trendsettern.

An die 50 Unternehmen mit mehr als 5600 Mitarbeitern sind in Österreich in der Produktion von Landtechnik aktiv. Der gesamte Jahresumsatz der Branche liegt bei rund zwei Mrd. Euro. Die Nerven wirft man trotz der angespannten Lage nicht weg. „Für uns sind solche Entwicklungen nicht neu“, sagt Branchensprecher Heinz Pöttinger. Er erwartet, dass die Abwärtsentwicklung den Boden erreicht hat. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet er für sein Unternehmen keinen weiteren Umsatzrückgang.

Pöttinger ist mit dieser Einschätzung nicht allein. Die Milchpreiserhöhungen der vergangenen Monate und die Erholung der Schweinepreise nähren die Hoffnung auf eine Wende. „Wir sind zuversichtlich, dass der Traktorenmarkt nicht mehr weiter schrumpft“, sagen Andreas Klauser und Rudolf Hinterberger von Case-Steyr. „Wir haben das Tal der Tränen hinter uns“, sagt auch Karl-Heinz Denk. Und auch Karl Deschberger, als Landtechnik-Händler im Innviertel direkt an der bäuerlichen Front, ortet nun ein „wieder erwachendes Interesse“.

Die Zuversicht hat freilich längst noch nicht alle erfasst. Stefan Mayerhofer, Technik-Vorstand der RWA, glaubt nicht, dass die Talsohle bereits erreicht ist. Nach einem Rückgang von fünf Prozent in seiner Lagerhaus-Gruppe im Technikbereich rechnet er auch 2017 mit einem Minus in dieser Größe.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 2. Dezember 2016

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