Freitag, 16. September 2016

Die Bauern brauchen und verdienen Verständnis



Landwirtschaft ist mehr als das sprechende Schweinderl aus der Werbung. Das ist in Vergessenheit geraten.

Hans Gmeiner

Positive Meldungen aus der Landwirtschaft sind rar. Schon seit Jahren. Daran ändert auch nichts, dass man bei Milch und Schweinefleisch von einer Wende auf den Märkten spricht.

Wie drückend und bedrückend die Lage auf den heimischen Bauernhöfen ist, bestätigte erst der jüngst veröffentlichte „Grüne Bericht“. Zum vierten Mal in Folge gingen die bäuerlichen Einkommen zurück. Jahr für Jahr geben Tausende Bauern auf. Weil sie wirtschaftlich nicht mehr können oder weil die Jungen keine Perspektive sehen.

Das Verständnis der breiten Bevölkerung hält sich dennoch in Grenzen. Dort weiß man es meist ohnehin besser. Spezialprodukte erzeugen, ab Hof verkaufen, was in den Ställen, Gärten und Feldern heranwächst, und das möglichst bio und ohne Chemie und am besten möglichst ohne Technik, so lauten die Ratschläge in der Regel. Dann gehe das schon, da gebe es ja enorme Marktchancen.

Da keimt im Bauern schon einmal die Frage auf, warum all die Produkte, die im öffentlichen Diskurs hochgelobt werden und die mit perfekter Marketingmaschinerie und Millionen an Werbegeldern auf den Märkten gepusht werden, bis auf wenige Ausnahmen immer noch keinen größeren Anteil an der Gesamtproduktion haben als zehn Prozent.

Und er fragt sich, was ein Milchbetrieb ganz hinten im Tal oder irgendwo im Alpenvorland, wo nichts als Gras wächst, weitab von der Stadt, denn tun soll, wenn die Preise auf einmal nicht mehr recht zum Leben reichen. Wenn er das Geld nicht hat, um den Stall auf die Anforderungen umzubauen, die man sich in der Stadt ausgedacht hat. Oder es zu teuer wäre, die entsprechenden Maschinen anzuschaffen und die Leute zu zahlen, die er dann bräuchte.

Aber daran denkt man wohl nicht dort, wo man die Bauern, zumal jene, die konventionell produzieren, nicht versteht und nicht verstehen mag. Wo man sie eher als Folklore zu sehen scheint, von denen man die Erfüllung eigener Jugendträume erwartet, als jene, die für die Ernährung sorgen im Land. Tag für Tag und zu einem günstigen Preis und unter Einhaltung aller Gesetze und Auflagen.

Allein aus diesem Grund sollte man der Landwirtschaft wieder jene Position zugestehen, die ihr zusteht, und sie ernst nehmen. Und zwar die Landwirtschaft in allen Ausformungen. Die Anforderung ist freilich groß. Aber man muss sich ihr stellen. So, wie sich die Bauern den Anforderungen stellen, die sich an sie richten.

Salzburger Nachrichten, 16. September 2016, Seite 1

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