Donnerstag, 7. Januar 2016

Österreichs Bauern hadern mit dem Klimawandel



Der Klimawandel trifft die Landwirte in doppelter Hinsicht. Neben dem Wetter machen ihnen auch die verschärften Ziele bei der Reduktion der Treibhausgase Sorgen.

Hans Gmeiner

Salzburg. Dass für die Bauern die Preise derzeit in allen Produktionssparten tief sind, hat zumindest einen Vorteil – die Landwirtschaft tut sich relativ leicht, die aktuellen Reduktionsziele bei den Treibhausgasen zu erfüllen. Denn in emissionsträchtigen Sparten wie der Schweinehaltung wurde die Produktion zurückgefahren. Weil aber langfristig eine Verbesserung der Preise erwartet wird, kann sich die Situation schnell drehen. „Auch wenn die Preise wieder besser werden, bleiben die Bauern unter Druck“, warnt Franz Sinabell, Agrarexperte am Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), vor falscher Euphorie. Erhöhen die Bauern, die wegen der Wetterkapriolen unter dem Klimawandel leiden, aufgrund höherer Preise nämlich die Produktion, kommen sie rasch in Konflikt mit den im Dezember beim Weltklimagipfel erneut verschärften Klimazielen.

Die Landwirtschaft, sowohl einer der größten Verursacher der Treibhausgase und gleichzeitig eines der größten Opfer des Klimawandels, steht also doppelt unter Druck. „Um die vorgeschriebene Reduktion der Treibhausgase in Höhe von 30 Prozent in Europa wie angepeilt bis 2030 zu erreichen, haben die Landwirte nur zwei Möglichkeiten“, sagt Sinabell. „Entweder sie produzieren weiter mit angezogener Bremse und verzichten auf die Marktmöglichkeiten oder sie investieren in teure Technik, um die Emissionen trotz höherer Produktion zu reduzieren.“

Größere Tierbestände und damit Steigerung der Produktion, die vielen Bauern als Zukunftsstrategie gilt, wird damit konterkariert. Bei Einschränkung der Produktion müssen die Bauern auf Einnahmen verzichten. Eine Vergrößerung und Investitionen in modernste Umwelttechnik, die eine höhere Produktion erlauben, gehen ins Geld.

Für die Rinderzüchter geht es um Investitionen für die Ausbringungstechnik für Gülle sowie Gülleraumabdeckung, bei Schweinehaltern neben Fütterungsstrategien um Abluftreinigung und bei Biogaserzeugung um Technik für die Güllebehandlung. Besonders teuer wird es, wie in Salzburg, wo es kaum andere Möglichkeiten gibt, als über die Milchproduktion die Reduktionsziele zu erfüllen. Mit knapp 90 Euro beziffert die EU in einem internen Papier die Kosten für die Reduktion einer Tonne C02 – so viel wie in keiner anderen Region Europas.

Was wirklich auf die Bauern zukommt, wagt auch Wirtschaftsforscher Sinabell noch nicht abzuschätzen. „Aber es ist davon auszugehen, dass jetzt die Europäische Union die Bauern bei den Emissionen stärker in die Pflicht nehmen will.“ Im Umweltministerium gibt man sich gelassen. „Bis 2020 schaffen wir die Ziele jedenfalls mit den Angeboten und Maßnahmen im aktuellen Umweltprogramm“, sagt Ministeriums-Expertin Nora Mitterböck. „Wenn die Tierzahlen in den Jahren darauf nicht weiter fallen, sondern steigen, dann werden aber wohl betriebliche Maßnahmen nötig.“ Um davon nicht überrascht zu werden, empfiehlt Wifo-Experte Sinabell den Bauern schon jetzt, „so bald wie möglich die bereitstehenden Förderungsmittel für Investitionen zu nutzen“.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 7. Jänner 2016

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