Donnerstag, 24. September 2015

Ungewollte Folgen



Am kommenden Sonntag wählt Oberösterreich, zwei Wochen später Wien. Die Bedeutung, die den Wahlgängen in diesen Ländern, die jeweils von Schwergewichten der Koalition regiert werden, ist schon im Normalfall außerordentlich. Die Flüchtlingskrise, der Umgang der Politik damit und die vergeblichen Bemühungen, sie unter so etwas wie Kontrolle zu bringen, geben diesen Wahlen diesmal eine zusätzliche Dramatik und Brisanz, die das Land nachhaltig verändern kann.

Sollte Pühringer auch nur annähernd die zehn Prozentpunkte verlieren und die FPÖ die 16 Prozentpunkte gewinnen, wie das prognostiziert wird, und sollte Strache auf Kosten von Häupl in Wien so zulegen, wie das erwartet wird, ist ein innenpolitisches Erdbeben unvermeidbar. Das hieße wohl, dass Strache und seine Gefolgsleute in die Position kommen, tatsächlich das Ruder in diesem Land in die Hände zu kriegen. Auch das legen Umfragen nahe. 33 Prozent der Wähler würden derzeit bei der FPÖ das Kreuzerl machen und die einst dritte Kraft im Lande zur ersten machen.

Man mag den Wählerunmut verstehen und den Drang, es den beiden Großparteien zu zeigen -allein ein solches Wahlergebnis kann Folgen haben, die von den Wählern so nicht gewollt sind. Man hat zwar sein Mütchen in der Wahlzelle gekühlt, muss dann aber womöglich feststellen, dass man damit nichts denn einen noch größeren Schaden angerichtet hat.

Da hat man möglicherweise in Oberösterreich einen der fundiertesten und besten Politiker Österreichs, der eine untadelige Bilanz, wie kaum ein anderer vorlegen kann, schwer beschädigt oder gar ins Ausgedinge geschickt, nur weil man in einer einzigen Frage nicht mit ihm einverstanden war. Da hat man möglicherweise in Wien einem Blender auf den Bürgermeistersessel geholfen, der seit Jahren durch nichts als starke Sprüche und Hetzereien auffällt, aber immer dann, wenn konstruktive Lösungen gefragt sind, auf Tauchstation geht. Und da liefert man, weil Wien und Oberösterreich zu den wichtigsten Bundesländern zählen, möglichweise das ganze Land dem Tun von politischen Hasardeuren und Blendern aus. Erklärbar ist das, was da möglicherweise kommen wird, allemal. Auch daran, es zu akzeptieren, geht kein Weg vorbei. Aber zu ertragen ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit kaum. Denn die Freiheitlichen sind es sicherlich nicht, die in Österreich die Wende schaffen, die sich so viele Menschen hierzulande wünschen und erwarten. Und schon gar nicht in die Richtung, die dieses Land so dringend bräuchte. Mehr als dumpfe Biertischpolitik, die sehr schnell an der Realität zerschellt und auf Kosten vieler Menschen geht, wäre nicht zu erwarten. Und das nicht nur, weil die politischen Ziele nichts als dünn und handgestrickt einfach sind, sondern auch, weil es auch am Personal fehlt. Man erinnere sich nur an die Sickls, Forstingers und Krügers aus den Jahren der schwarz-blauen Koalition. An die Maischbergers, die Reicholds und die Scheuchs. Und gar nicht zu reden von Haider, der ein ganzes Bundesland in den Bankrott schickte und dem ganzen Staat eine schwere finanzielle Krise zufügte, an der wir alle noch lange zu zahlen haben.

Leute wie diese stehen jetzt wieder an der Schwelle. Hochgespült von der Flüchtlingskrise und seit Jahren mit allen Kräften nachgerade beworben von rot und schwarz, die es nicht und nicht lernten, mit den Zeichen der Zeit und der wachsenden Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land umzugehen. Die immer nur kalmieren, alles kleinreden, sich nicht den wichtigen Fragen stellen und viel zu selten Leadership zeigen.

Dass die Freiheitlichen so groß werden, wie sie nun zu werden scheinen, ist aber nicht nur der SPÖ und der ÖVP zuzuschreiben. Das gilt in gleichem Maß auch für jene Parteien, die sich für Alternativen und die Besseren halten. Sie haben bisher nichts bewiesen, als dass sie genau das nicht sind. Das gilt für die Grünen, die seit mehr als 20 Jahren nicht vom Fleck kommen mit ihrer bräsigen Selbstzufriedenheit. Das gilt für die Stronach-Partie sowieso. Und das gilt auch für die NEOS. Dass auch sie nicht anders ticken, bewiesen sie erst in der vergangenen Woche mit dem Inseraten-Bonus, den sie Medien ganz im Stil der Parteien, die sie so gerne kritisieren, anboten - mit dem strengen Geruch einer Finanzierung aus Parteiförderungsgeldern, die nach den Wahlen fließen sollen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 24. September 2015

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