Donnerstag, 13. August 2015

Agrarpolitik für Schlagzeilen und Kameras



In Frankreich sorgten jüngst die wütenden Bauernproteste gegen die schlechten Agrarpreise für Aufsehen. Im tirolerischen Gnadenwald prosteten zur gleichen Zeit der Tiroler und der Vorarlberger Kammerpräsident, der Tiroler Agrarlandesrat, der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich und der Landwirtschaftsminister bei der Jahrestagung der Milchwirtschaft lachend mit Milchgläsern in die Kameras und forderten angesichts des Preisverfalls auf dem Milchmarkt Maßnahmen zur Marktstabilisierung.

Dann ging man in den Urlaub. Im Herbst wolle man sich kümmern. Marketingoffensive und so.

Agrarpolitik auf österreichisch. Ein schönes Bild, ein paar Schlagzeilen, ein paar Sendeminuten im Fernsehen, ein paar Forderungen ein paar Ankündigungen, die den Bauern Aktivität suggerieren sollen und, wenn es eng wird, wie jüngst bei Milch und Schweinfleisch, ein paar Rundumschläge gegen die Vermarkter und den Handel. Und dann abtauchen. Hauptsache es gibt schöne Schlagzeilen und Fernsehberichte.

Das war bei den Maßnahmen gegen die Russlandkrise so, das war bei den Ankündigungen für Exportmöglichkeiten in China und Südkorea so und bei den zahllosen Milchgipfeln rund um das Quotenende beruhigt werden. Und das ist jetzt beim dramatischen Preisrutsch auf den Milch- und Schweinemärkten und den schlechten Preisen im Ackerbau nicht anders. 

Ob jemals umgesetzt und erreicht wurde, was man versprach? Ob stimmte, was man behauptete? Ob man für die Bauern wirklich etwas bewirkte? Etwas Zählbares gar? Offenbar einerlei. Hauptsache, man war in der "Zeit im Bild" und in der Kronenzeitung.

Österreichs Bauern leiden zunehmend unter dieser populistischen Agrarpolitik, die sich in bloßen Ankündigungen und Forderungen ergeht, die die Schuldigen und Verantwortlichen immer wo anders, nie aber bei sich selbst sucht und die sich viel zu oft über Schlagzeilen und Sendeminuten definiert. Denn damit ist ihnen wenig geholfen. Schon gar nicht in der Brieftasche.

Geholfen wäre ihnen, wenn sich die heimische Agrarpolitik wieder auf ihre ureigensten Aufgaben besinnen würde.  Und die sind, die Bauern in die Lage zu versetzen, mit den Märkten und dem Umfeld zurecht zu kommen, die Chancen, die sich bieten, zu nutzen und die Probleme, die sie schaffen, aufzufangen. Auf diesem breiten Feld aber hat die heimische Agrarpolitik, genau besehen, seit geraumer Zeit kaum mehr etwas zu bieten. Vor allem nichts Neues. Das kommt, wenn überhaupt, längst vom Handel.

Dabei gäbe es so viele Aufgaben. Die Steigerung der Wertschöpfung der heimischen Agrarexporte und damit der Preise wäre so eine Möglichkeit für die Bauern mehr herauszuholen. Oder die Gentechnikfreiheit, zu der die Bauern in Produktionsbereichen wie Milch gezwungen wurden, endlich zu Geld zu machen. Oder zumindest mit der in Österreich hausgemachten Bürokratie aufzuräumen.

Aber nichts, als bestenfalls - wie jüngst von den Agrarlandesräten - Ankündigungen und Forderungen, selbst dort, wo man Änderungen selbst in der Hand hätte.

Kürzlich lieferte ein Kammerpräsident ein eindrückliches Beispiel  für das Politikverständnis seiner Zunft. Wegen der niedrigen Erzeugerpreise forderte er von der EU Entlastungsmaßnahmen. Dass erst vor wenigen Monaten durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, der auch seine Parteifreunde zustimmten, viele der heimischen Milch- und Schweinebauern zum Preisdesaster zusätzliche Belastungen aufgelegt wurden, ließ er dabei unerwähnt.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land 9 - 2015

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