Donnerstag, 19. März 2015

Es bleibt, wie es ist



Die Steuerreform ist fertig. Die Regierung hat etwas eingehalten, was sie angekündigt und versprochen hat. Das steht auf der Habenseite. Aber viel mehr steht da auch schon nicht. Denn dass man eine Steuerreform zusammenbringt, ist eigentlich nicht mehr als das, was sich das gemeine Publikum von der Politik erwarten darf - dass sie eben Politik macht. Das freilich ist in der Vergangenheit angesichts fehlender Ideen, mangelnder Durchsetzungskraft und fragwürdiger Entscheidungskraft zuweilen in Vergessenheit geraten. Hierzulande hat man lernen müssen, dass diese Erwartungen oft übertrieben sind, weil die Politik genau das nicht machte, was von ihr erwartet wurde und wofür man Wahlkämpfe über sich ergehen ließ und andere Belästigungen
- nämlich Politik zu machen.

Und darum gilt die Steuerreform vielen als Erfolg, zumal in der österreichischen Politik, deren Kennzeichen ja nicht beherztes Anfassen von Problemen, Entscheidungsfreudigkeit und rasche Umsetzung von tragfähigen Lösungen ist.

Was da jetzt von manchen groß gefeiert wird, hat daher allenfalls viel eher dem Funktionieren der Regierung zu gelten, als der Steuerreform selbst. Denn die scheint alles andere als ausgewogen zu sein. Und kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der große Wurf, das darf schon jetzt gesagt werden, ist sie nicht, auch wenn der Kanzler von der größten Steuerreform in der Zweiten Republik spricht. Dafür enthält sie zu wenige Weichenstellungen, die nachhaltig zu nennen wären und die dem Steuerwesen in diesem Land eine zukunftsweisende Richtung geben würden. Dafür gibt es zu viel rein ideologisch motivierte Maßnahmen und zu viele, die nichts sind denn Geld-Auftreibungsaktionen, die oft mehr Schaden anrichten werden, als sie zu bringen versprechen.

Vor allzu großen Erwartungen in die Ergebnisse der Steuerreform wird daher immer lauter gewarnt. So meint etwa Wifo-Chef Aiginger, dass die je nach Einkommen paar hundert bis paar Tausend Euro, die die Steuerreform jedem Österreicher bringen wird, schon in zwei, drei Jahren von der kalten Progression wieder verschluckt sein werden. Und der Linzer Professor Schneider lässt keinen Zweifel daran, dass um eine eigenes Sparpaket kein Weg herumführt.

Die Steuerreform greift nicht in die grundlegenden Strukturen ein
-und das ist ihr größtes Manko. Sie steht bis auf wenige Ausnahmen eher im Geruch des Weiterwurschtelns.

Österreich bleibt ein Hochsteuerland mit einem komplizierten Steuersystem, das Wege eher versperrt, denn freimacht und wirtschaftliches Engagement eher bestraft denn entfesselt, wie dereinst versprochen wurde. Da ist nichts von einer Vereinfachung, nichts von einer nachhaltigen Erleichterung und nichts von einer dauerhaften Neuordnung, die mit den Lasten der Vergangenheit aufräumen und Zuversicht geben würde.

Im Gegenteil. Mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes setzt man ganz eindeutig ein Signal in die falsche Richtung. Im Vergleich mit den Nachbarländern steht man künftig nicht besser da als bisher, rechnet die "Presse am Sonntag" vor. "Müssten Österreicher so wenig Steuern wie die Deutschen zahlen, hätten sie von vornherein 17 Milliarden Euro mehr in den eigenen Taschen", heißt es da. Und hätten wir das Schweizer Modell in der Verwaltung, würden wir uns weitere 9,2 Milliarden Euro sparen.

Das ist aber nicht so, auch nicht nach der Steuerreform. Sie ändert nichts an den grundsätzlichen Problemen des Landes. Und sie ändert nichts am Handlungsbedarf. Der ist genauso groß wie zuvor. Im Sozialbereich, in der Bildung, bei den Pensionen stehen Reformen dringend an, die Wirtschaft braucht Impulse und der Arbeitsmarkt. Es geht darum, den Standort Österreich für Unternehmen und auch für Arbeitnehmer wieder attraktiver zu machen. Und es geht darum, die Bürokratie in den Griff zu bekommen. Kurzum all das, was nichts denn Kosten verursacht, den Leuten die Arbeit verdrießt und jedes Engagement abwürgt.

Davon ist bisher nicht viel zu erkennen. Die Steuerreform trägt jedenfalls nicht dazu bei. An Absichtserklärungen mangelt es zwar nicht. Auch diesmal nicht. Vom Kanzler abwärts reden alle davon, dass das erst der Anfang ist. "Ich glaube nicht, dass die Steuerreform der große Wurf ist", sagt selbst Finanzminister Schelling. "Aber es ist der erste Schritt zurück an die Spitze."

Man würde ihm gerne Glauben schenken. Denn das Land braucht nichts dringender als einen großen Wurf, einen Befreiungsschlag.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 19.März 2015

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