Donnerstag, 5. Februar 2015

Perpetuum mobile



Die Wirtschaft tut sich schwer. Die Ergebnisse sind mager, die Aussichten alles andere denn rosig. Russland, Ukraine und Griechenland drücken auf die Stimmung. Unternehmen müssen dazuschauen, um über die Runden zu kommen. Der Preisdruck ist hoch, die Konkurrenz heftig, die Konsumenten zurückhaltend und die Wirtschaftspartner sind es auch. Da wird der Cent umgedreht und dort. Allerorten muss man sich kräftig nach der Decke strecken. Selbst das reicht oft nicht mehr. Seit zwei Jahren schrumpfen hierzulande die Einkommen real.

Das ganze Land unter Druck also? Mitnichten. Es gibt einen großen Bereich, für den all das nicht gilt, worunter Private, Freiberufler, Unternehmer und Unternehmen und auch die ganz normalen Arbeitnehmer leiden - für die öffentliche Hand, die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsbetriebe und für den Staat selbst. Für den vor allem. Denn während der Maschinenbauer beim Preis nachlassen muss, um das Gerät an den Mann zu kriegen, selbst Autobauer ihre Vehikel nur mehr mit fetten Abschlägen an den Mann kriegen, die Bauunternehmer die sprichwörtlichen Hosen hinunterlassen müssen, um zu Aufträgen zu kommen, um ihr Unternehmen zu sichern und viele um ihren Arbeitsplatz zittern, darf man sich dort ungebrochen sprudelnder Steuerquellen erfreuen. Ganz so, als ob es keine Krise und nichts gäbe.

Auf die geschickt ins steuerliche System eingebauten Mechanismen ist Verlass. Sie sorgten dafür, dass selbst 2014, dem Jahr, in dem sich alle Wirtschaftsindikatoren nach unten drehten, in dem die Arbeitslosenquote anschwoll und sich das Wirtschaftswachstum in Richtung null bewegte, die Steuereinnahmen in Österreich dank der zahllosen Automatismen um 2,8 Prozent anstiegen und die Einnahmen des Bundes aus der Lohnsteuer sogar um 5,5 Prozent zulegten. Ein perfektes Perpetuum mobile, das man sich da zusammengebastelt hat. Dass das ´dennoch nicht ausreicht um den Haushalt in Ordnung zu bringen ist freilich eine andere Geschichte. Dass es von denen, die sich Tag für Tag im Geschäft behaupten müssen, immer öfter als nicht denn als Hohn empfunden wird, ist verständlich.

Der öffentliche Bereich tut sich leicht. Nicht nur bei den Steuern. Kraft der Macht, mit der man sich als Obrigkeit ausgestattet hat, ist es ein Einfaches, sich unabhängig von wirtschaftlichen Entwicklungen mehr Geld zu verschaffen, wenn man es braucht. Einfach Preise und Gebühren rauf -und es passt. Der Traum eines jeden, der sein Geld auf dem Markt mit Arbeit verdienen muss.

Und man nutzt diese Position nach Kräften und ohne sich viel Zurückhaltung aufzuerlegen. Denn nicht nur die Steuerlast stieg im Vorjahr kräftig. Laut Statistik Austria legten auch die so genannten administrierten Preise, die auf Grund von Gesetzen und Verordnungen von Bund, Ländern und Gemeinden ganz oder zum Teil staatlich festgelegt werden, ordentlich zu. Um nicht weniger als 2,9 Prozent. Das war nicht nur merklich mehr als im Jahr zuvor, als in diesem Bereich die Teuerungsrate bei 2,3 Prozent lag, sondern liegt auch um gut 70 Prozent über der allgemeinen Inflationsrate, die für 2014 mit 1,7 Prozent ausgewiesen ist. Die öffentliche Hand versteht sich gut drauf, das Publikum abzukassieren. Denn da sind nicht nur die teureren Tickets oder die Versicherungssteuer, da sind auch die vielen unsäglichen und oft willkürlichen Gebührenerhöhungen, mit denen sich nicht nur Wien, sondern auch Landeshauptstädte mitunter ungeniert immer wieder hervortun.

Ungeniert zeigt man sich auch, wenn es darum geht, bei den Mieterhöhungen mitzufahren. So klagt vor allem die Wiener Politik gerne darüber, dass das Wohnen überdurchschnittlich teuer geworden sei. Dass in Wien sieben von acht Mietverträgen durch die öffentliche Hand reguliert sind (in Österreich sind es drei von vier) lässt man unter den Tisch fallen. "Bemerkenswert ist, dass die Preise im regulierten Bereich ebenso rasch gestiegen sind wie im annähernd freien Markt", warnen die Experten von Agenda Austria davor, sich ein X für ein U vormachen zu lassen und legen noch eins drauf. "Zudem ist das Preisniveau im streng regulierten Bereich etwas höher als im frei verhandelbaren."

Aber das ist Österreich. Durchs Fenster auf die Straße hinaus schimpfen und in der Küche das eigene Süppchen kochen.

Manche können sich's halt richten. Das freilich sind selten die, von denen man meint, dass sie es können. Sondern meistens die, die so gerne mit den Fingern auf die anderen zeigen. Ihnen sollte daher viel besser auf dieselbigen geschaut werden - und auch drauf geklopft werden.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 5. Februar 2013

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1