Donnerstag, 20. November 2014

Da braut sich etwas zusammen



In der heimischen Innenpolitik braut sich wieder etwas zusammen. Die Zeit der Ruhe und der Hoffnung auf konstruktives Arbeiten, die vom Wechsel von Spindelegger zu Mitterlehner und Schelling genährt wurde, dauert manchen ganz offensichtlich schon wieder zu lange. Der Ton ist dabei, wieder rauer zu werden. Die Vernunft in der Politik, die man in den vergangenen Wochen und Monaten zu spüren vermeinte, ist dabei, wieder zu verschwinden. Immer deutlicher zeigt sich, dass man nicht verlernt hat, was Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in den vergangenen Jahren so sehr vergrault hat. Allerorten werden im Ringen um eine Steuerreform die vorübergehend verlassenen Stellungen wieder bezogen. Das lässt Übles befürchten.

Vor allem die Sozialdemokraten, aufgejagt von neuerdings guten Umfragewerten des Koalitionspartners und getrieben von den Gewerkschaften, werden im Vorfeld ihres Parteitages Ende November, bei dem es für Bundeskanzler Faymann um alles geht, rückfällig. Mitunter greift man tief in die Klassenkampf-Mottenkiste und heizt ein Klima der Begehrlichkeiten an, das mit der Realität budgetpolitischer Notwendigkeiten kaum etwas zu tun hat.

Aber auch bei den Schwarzen funktionieren die althergebrachten Muster nach wie vor klaglos. "Politik von oben herab" schimpfte Tirols Günther Platter auf Faymanns Vorschlag, bei den Ländern einzusparen, von "Affront" sprach" Vorarlbergs Wallner. Und Oberösterreichs Pühringer stellte klar, dass die Länder zu keinen Sonderopfern bereit sind: "So etwas hat es ja noch nie gegeben."

Lediglich die neuen VP-Köpfe Mitterlehner und Schelling scheinen den Ball rund um die Steuerreform noch flach halten zu wollen. Fraglich freilich ist, wie lange sie dem Druck standhalten können, der die Koalition immer heftiger in die alten Muster drängt, die man schon so satt hat.

Denn dieser Druck wächst rasant. Die Gewerkschaft hat nach Jahren der Neuorientierung wieder die Kraft, bei den Sozialdemokraten die Richtung vorzugeben. Das nimmt Faymann fast jeden Spielraum und macht ihn zu einer "Lame Duck", einer "Lahme Ente", im Bundeskanzleramt. Als fehlte es dafür eines Beweises dafür, hat er, wohl um sein politisches Überleben zu sichern, der Einfachheit halber gleich die ÖGB-Steuerreform-Vorschläge eins zu eins übernommen.

Dass die Steuerreform nun im Vorfeld eines wichtigen Wahljahres gestemmt werden muss, macht die Sache nicht einfacher, zumal es nicht irgendwelche Bundesländer sind, in denen gewählt wird, sondern zumeist Bundesländer, deren Chefs in ihren Parteien die Linien vorgeben. Häupl und Voves, die sich im Juni und September Wahlen stellen müssen, sind auf Seiten der Sozialdemokraten ebenso wenig politische Leichtgewichte wie Oberösterreichs Josef Pühringer auf Seiten der Schwarzen, der sich im September der Wahl stellen wird. Und auch Burgenlands Hans Niessl, wiewohl Landeshauptmann eines kleinen Bundeslandes, hat schon mehrmals bewiesen, dass er sich nicht so einfach die Butter vom Brot nehmen lässt

Da hält sich die Bereitschaft zu Veränderungen oder gar dazu, sich etwas wegnehmen zu lassen, in sehr engen Grenzen.

Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln werden. Dabei geht es nicht nur darum, ob die Steuerreform überhaupt zustande kommt und wie sie aussehen wird. Dabei geht es auch darum, wie es mit der Koalition zwischen SPÖ und ÖVP weitergeht, die sich schon seit so vielen Jahren quält und eher aneinander abarbeitet, als für das Land zu arbeiten. Und man darf gespannt sein, wie es mit der ÖVP unter Mitterlehner und mit Mitterlehner selbst weitergehen wird. Noch hat er kräftigen Rückenwind aus der Partei. Wenn es ums Geld geht, ums Eingemachte, kann sich das sehr schnell ändern. Aufgebrachte Reaktionen von Landeshauptleuten, wie sie am vergangenen Wochenende Faymann galten, könnten sehr schnell auch ihm gelten. Und seinem Finanzminister. Was noch als Selbstbewusstsein bewundert wird, könnte dem bald als Arroganz ausgelegt werden. Auch von den Leuten seiner Partei. Vor allem von jenen in den Ländern, richtete er denen doch schon bei seinem Amtsantritt aus: "Sie wissen, ich bin auch ein harter Knochen."

Als Bürger dieses Landes freilich kann man nur hoffen, dass seine Ankündigung hält. Denn soll das Land Zukunft haben, braucht es "harte Knochen", und nicht Politiker, die allen nach dem Mund zu reden versuchen und nicht zuletzt deswegen nichts voranbringen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 20. November 2014

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