Samstag, 5. Juli 2014

Pflanzenschutz-Hersteller tricksen



Viele hätten sich den normalen Zulassungsweg erspart, sagt der Minister.

Hans Gmeiner Salzburg . Das Verbot von Neonicotinoiden als Saatgut-Beizmittel und in Aussicht stehende weitere Einschränkungen beim chemischen Pflanzenschutz machen den heimischen Ackerbauern zunehmend Sorgen. Seit Monaten brodelt es unter der Decke. „Die Verbote haben dazu geführt, dass sich die Bauern unvorbereitet mit einem starken Schädlings- und Krankheitsproblem konfrontiert sehen“, sagt Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Die Rede ist von Ausfällen bei Mais und Kürbis. Sollte es zu weiteren Einschränkungen kommen, sieht man ganze Produktionssparten, wie etwa den Anbau von Soja, der den Import von gentechnisch veränderter Ware zurückdrängen soll, gefährdet.

Im Visier hat man auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Dass er in seinen Antrittsreden immer wieder betonte, „im Zweifel für den Regenwurm“ zu sein, nimmt man ihm mancherorts übel. Feuer am Dach ist, seit er im Frühjahr die Unterschrift unter eine Notfallzulassung für ein Beizmittel bei Kartoffeln verweigerte.

Rupprechter will das nicht auf sich sitzen lassen. Allerorten bekennt er sich mittlerweile zum chemischen Pflanzenschutz. „Es ist mir wichtig, die Diskussion zu versachlichen“, sagte er erst dieser Tage bei einer Bauernveranstaltung in Oberösterreich. „Wir brauchen Medikamente für Pflanzen, wenn sie krank sind, aber nicht zur Dauerbehandlung.“

Der Minister plädiert für Zurückhaltung. „Wir müssen schauen, dass wir die Akzeptanz der Gesellschaft haben“, sagt er. „Wir dürfen uns das gute Image, das wir haben nicht kaputt machen.“

Bei dieser Veranstaltung nahm er gegenüber den Herstellern von Pflanzenschutzmitteln kein Blatt vor den Mund. „Dort hat man es sich in den vergangenen Jahren relativ einfach gemacht“, sagt er. Man habe oft „bis zum letzten Abdruck gewartet“, bis die Bauern nach Mitteln verlangten und dann auf eine sogenannte Notfallzulassung gedrängt. „Damit hat man sich den normalen Zulassungsweg erspart.“

Auch die Vorhaltungen, dass in Österreich zu wenige Wirkstoffe zur Verfügung stünden und es daher Lücken in der Bekämpfung von Unkräutern, Schädlingen und Pflanzenkrankheiten gebe, weist der Minister zurück. „In Österreich haben wir mehr zugelassene Wirkstoffe als in Deutschland“, sagt er. Da sollte man „in der Debatte bei den Fakten bleiben“.

„Wir müssen wieder einen vernünftigen Zugang zum Thema bekommen“, sagt Rupprechter. Was er darunter versteht, deutete er nur an. Im ersten Schritt will er sich dafür einsetzen, dass Wirkstoffe, die in Deutschland eingesetzt werden dürfen, ohne neues Zulassungsverfahren auch von österreichischen Bauern verwendet werden können.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 5. Juli 2014

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