Freitag, 13. Juni 2014

Realistisch währt am längsten





Die Suche nach Geld für den Staatshaushalt und die Diskussion um die Besteuerung von Vermögen gebirt seltsame Blüten. Eine davon finden wohl die Bauern ganz besonders seltsam. Gewöhnt daran, sich als zuschußbedürftig und zuweilen arm darzustellen, wird jüngst in der Zeitschrift profil eine Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität zitiert, die die Bauern zu den Reichsten des Landes zählt. "Diese Haushalte" zitiert das profil die WU-Forscher, die eine Nationalbank-Studie ausgewertet haben, "weisen mit Abstand den größten Gesamtbesitz auf und kommen auf ein mittleres Vermögen von einer Million Euro und stellen in der Top-Gruppe der Reichsten immerhin einen Anteil von zehn Prozent".
Das sitzt, erwähnt man doch ausdrücklich, dass Größen wie Esterhazy und Co dabei gar nicht berücksichtigt seien.
Es passt in die Linie, den Bauern nach dem Geld zu trachten und es beweist, dass die Situation der Landwirtschaft in diesem Land fragil geworden ist. Was jahrzehntelang galt, wird hinterfragt. Das gilt für Produktionsweisen genauso, wie für die Vermögensverhältnisse, Förderungen und die Besteuerung. Was da und dort als Versuchsballon anfing, mündet immer öfter in politische Forderungen, die für die Bauern bedrohlich werden können. So sie es, man denke nur an die Beschränkungen beim Pflanzenschutz, nicht ohnehin bereits sind.
Lange haben es die Bauern verstanden, sich allen gesellschaftlichen Veränderungen zum Trotz in einem eigenen Biotop fortzuleben. Damit ist es angesichts der Budgetnöte, der sich ändernden Marktverhältnisse und sich massiv verändernde gesellschaftlicher Strömungen vorbei.
Im Umgang mit den Bauern hat man längst die Glacéhandschuhe ausgezogen. Eine Sonderstellung will man der Landwirtschaft nicht mehr zugestehen. Tabus scheint es keine mehr zu geben.
Die Bauern tun sich schwer, damit umzugehen und die Dinge einzuordnen. Man fühlt sich schnell angegriffen, ins Eck gestellt und schlecht behandelt. Und benachteiligt sowieso. Da wird die jüngste Neuordnung als nichts denn als unfairer Untergriff empfunden, obwohl sich die Veränderungen für die meisten ins engen Grenzen halten. Als nicht denn als Zumutung empfindet man auch die Versuche von den Bauern mehr Steuergelder zu bekommen, obwohl die Bauern als einzige Berufsgruppe praktisch geschlossen zu den Nettoempfängern des Systems gehören. Also weniger Steuern zahlen, Has als sie über Prämien und Ausgleichszahlungen bekommen. Und man reagiert in manchen Regionen empört auf die Beschränkung von Pflanzenschutzmitteln, wo man sich doch gerade dort um Kritik und Sorgen der nicht-bäuerlichen Bevölkerung und oft auch um gesetzliche Vorschriften nie etwas gepfiffen hat.
Vielen Bauern ist da nichts, denn mehr Realitätssinn anzuraten und ein Blick über den Tellerrand. Das würde Überraschungen sparen. Und das würde oft helfen, Situationen realistischer einzuschätzen und entsprechend in der Ausrichtung und Führung des Betriebes zu reagieren. Immer noch vermeiden aber viele Bauern vorsätzlich den Blick auf die Wirklichkeit und jammern statt dessen mit großer Inbrunst einer Vergangenheit nach, die sie freilich schon damals, als sie Gegenwart war, auch nicht zu schätzen wussten.
Für die Zukunft ist das keine Strategie. Dieses Denken in den Bauernköpfen zu ändern ist eine der vordersten Herausforderungen. Erst wenn das gelungen ist, wird es auch gelingen, das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit und die Begehrlichkeiten gegenüber der Landwirtschaft wieder ins Lot zu bringen.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land, 13. Juni 2014

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