Donnerstag, 3. April 2014

Sehr österreichisch



Die Landwirtschaft wird oft, gerne und von vielen Seiten wegen ihres beinahe ständigen Rufens nach öffentlichem Beistand gegeißelt. Die Bundesbahnen werden es auch. Und auch viele andere.

Dabei ticken die, die sich da gerne alterieren, um keinen Deut anders als die Adressaten ihrer Häme und Vorhaltungen. Man lese nur was Zeitungsherausgeber ins Treffen führen, wenn es um die Presseförderungen geht. Auch viele Wirtschaftsführer arbeiten durchaus mit doppeltem Boden, wenn es darum geht, die gerne vor sich hergetragene wirtschaftliberale Haltung, deren Kern meist die Geringschätzung staatlicher Aktivitäten ist, mit dem Wunsch nach staatlicher Unterstützung in Einklang zu bringen.

Exemplarisch dafür steht derzeit Baumax-Chef Essl mit den Bemühungen seinen Konzern zu retten. 70 Millionen Euro hätte er gerne für seine Kunstsammlung. Vom Staat, der dem Vernehmen nach ohnehin schon für 70 Millionen bürgt. Das lässt viele in diesem Land staunen, dabei kann man es dem guten Mann nicht verargen. In diesem Land sind schon viele gut gefahren, wenn sie sich in ihrer vermeintlich letzten Not an die öffentliche Hand, respektive, jene, die sie finanzieren, die Steuerzahler, wandten. Und da muss man noch gar nicht die Hypo Alpe Adria ins Treffen führen.

Viele Firmen sind so dem Konkursrichter gerade noch von der Schaufel gesprungen. Und auch viele aus dem gewöhnlichen Volk, ja ganze Berufsgruppen. Ein ganzes Land lebt gerne so. Die Gewinne privatisiert man am liebsten und steckt sie ein. Die Verluste hingegen versucht man zu sozialisieren. Dabei tut man sich umso leichter, je größer und weitreichender die Folgen werden könnten.

Auch wenn Essl sein Geld löblicherweise in eine öffentlich zugängliche Kunstsammlung gesteckt hat, nimmt sich das Ansinnen, der Staat möge die Sammlung nun übernehmen, befremdlich aus - zumal er mit seinem Baumax einmal toll verdient haben musste, weil sonst eine Sammlung in derartiger Dimension kaum finanzierbar gewesen wäre.

Befremdlich nimmt sich auch aus, wie Künstler und ihre Galeristen, die sich ansonsten gerne als Freigeister abseits wirtschaftlicher Notwendigkeiten und Zusammenhänge gerieren, damit umgehen. Wenn es um die Sicherung der Preise ihrer Werke und damit ihrer Einkommen geht, ist in deren Argumentation zuweilen das von ihnen oft ob seiner Schlichtheit belächelte Stammtischniveau nicht tief genug. So war sich der untadelige Christian Ludwig Attersee nicht zu schade dafür, den Satz zu sagen, der sich in Österreich immer größerer Beliebtheit erfreut, wenn es gilt, zu Geld-Futtertöpfen zu kommen. "Wenn der Staat schon so viel Geld hat, um alle Bankenaffären zu bezahlen, dann bin ich dafür, dass man einmal auf die Kunst schaut."

Die Stirn für einen solchen Satz muss man erst einmal haben, zumal in Österreich, dass gerade erst erkunden muss, wieviel Geld im Burgtheater fehlt. Gar nicht zu reden von dem, was anderswo - Stichwort Staatsoper - immer wieder fehlt und das man sich gerne von öffentlichen Haushalten ersetzen lässt. Da kehrt man die hohen Gagen und Preise, die man selbst einstreift, gerne unter den Teppich oder vergisst mitunter seinen Obulus an den Fiskus abzutreten.

Vor diesem Hintergrund nimmt auch nicht die Sorge darum wunder, dass ein unkontrollierter Verkauf der Sammlung Essl auf dem freien Markt eben jenen aus dem Ruder laufen ließe - mit allen Folgen wie etwa massivem Preisverfall. Der Kunstminister will sich dieses Problems annehmen. Das entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Denn eigentlich müsste es dem gestandenen Sozialdemokraten nur Recht sein, wenn nicht nur - wie es Strategie seiner Partei ist - Lebensmittel und viele andere Güter des täglichen Bedarfs billiger werden, sondern auch Kunst. Allein, um breiteren Kreisen zugänglich zu werden.

Aber sei's drum, wenn's um das eigene Fortkommen geht, ticken die Uhren anders. Da gilt auch bei den freisinnigen Künstler, was bei so vielen anderen gilt - man will sich die Suppe nicht versalzen lassen. Die bildenden Künstler nicht und die Kabarettisten nicht, die sich großartig drauf verstehen, ihre eigenen Gagen auszublenden, wenn sie sich auf der Bühne an "den Abkassierern" abarbeiten. Und auch nicht die Autoren und Buchhändler, für die die Buchpreisbindung das Selbstverständlichste der Welt ist - auch wenn sie in ihren Werken noch so sehr mehr Freiheiten und Liberalität verlangen. Eigentlich enttäuschend. Aber sehr österreichisch.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 3. April 2014

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