Samstag, 14. Dezember 2013

Das Gespenst



In den vergangenen Jahren wuchsen die Arbeitskosten in Österreich doppelt so schnell wie im EU-Schnitt."

International macht sie schon lange Sorgen, nun ist die Arbeitslosigkeit auch in Österreich wieder ein Thema. Die mehr als 1000 verlorenen Arbeitsplätze bei Dayli, die 200 in Diskussion stehenden Entlassungen bei Lenzing scheuchen auf. Was man zuweilen als Gespenst der Arbeitslosigkeit bezeichnet, geht wieder um.

Im November waren 381.000 Österreicherinnen und Österreich ohne Job, um fast elf Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahresmonat. Im Jänner sollen es gar 450.000 Österreicherinnen und Österreicher sein, die stempeln gehen müssen, erwartet der Chef des Arbeitsmarktservices. Im Laufe des kommenden Jahres wird die Arbeitslosenquote kontinuierlich weiter ansteigen. Eine Entspannung erwartet man frühestens in zwei Jahren, Ende 2015.

Der Druck wächst also massiv. Selbst die nach wie vor steigende Zahl der Arbeitsplätze in der heimischen Wirtschaft reicht nicht mehr für beruhigende und abwiegelnde Erklärungen. Wie die Arbeitslosenquote hat zwar auch die Beschäftigungsquote einen Höchststand erreicht, das aber ist zu wenig. Das Angebot an Arbeitskräften wächst schneller, als neue Jobs geschaffen werden.

Damit ist wohl für längere Zeit vorbei, dass sich Österreich als Musterschüler Europas darstellen kann. Da werden selbst all die Tricks, die man so gerne anwendet, um gut dazustehen, nicht mehr reichen. Dazu gehört es, die Arbeitsuchenden (derzeit sind es 80.000), die in Schulungen geschickt wurden, zu verschweigen. Und dazu gehört auch, dass man nur sehr ungern darüber redet, dass die relativ niedrige Arbeitslosenrate sehr viel mit dem nach wie vor äußerst niedrigen Pensionsantrittsalter zu tun hat. Man will sich die Statistik nicht zu verpatzen.

Alles vorherbestimmt? Mitnichten. Denn es gibt auch eine andere Seite.

Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit schreibt man sich zwar allerorten gerne auf die Fahnen, aber den wichtigsten und effizientesten Hebel für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu nutzen, will man indes auch in Zukunft vermeiden - die Senkung der Arbeitskosten und die Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich.

In den vergangenen Jahren wuchsen die Arbeitskosten in Österreich doppelt so schnell wie im EU-Schnitt. Das hat, erhob die deutsche Hans-Böckler-Stiftung, weniger mit allzu flott und üppig angehobenen Löhnen für die Mitarbeiter zu tun, als vielmehr mit dem überdurchschnittlichen Anstieg der Steuerlast, die auf Arbeitseinkommen in Österreich liegt. Profitiert haben sohin nicht die Mitarbeiter der Unternehmungen, sondern praktisch ausschließlich die öffentliche Hand. Steuern, Arbeitgeberbeiträge, Sozialbeiträge, Förderungen für gemeinnützigen Wohnbau und vieles andere machen Arbeit in Österreich unmäßig teuer.

Von einem Euro, den ein Unternehmer an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlt, kommen bei uns im Schnitt nur 51,6 Cent in der Brieftasche des Angestellten an. Das sind um fast 25 Prozent weniger als im internationalen Schnitt.

Aber es sind nicht allein die hohen Arbeitskosten, die die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unnötig erschweren. Es ist auch die wirtschaftsfeindliche Stimmung, die sich im Land immer breiter macht. Sehr viel mehr Energie wird nach wie vor darein gesetzt, immer neue Hürden aufzubauen, als Unternehmungen Wege zu ebnen, die Arbeitsplätze bringen und absichern können.

Und: Die wachsenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben auch mit der Qualität der Arbeitsuchenden zu tun. Darüber mag freilich niemand reden. Aber selten hörte man Unternehmer so oft über ihre Probleme klagen, gutes Personal zu bekommen, wie in diesen Monaten. Selbst unter 60 und mehr Bewerbungen tun sich die Personalverantwortlichen oft schwer, den oder die Richtige zu finden. Das hat sehr viel mit praxisferner Ausbildung zu tun, das hat aber auch mit persönlichen Eigenschaften zu tun, die in unserer Gesellschaft ausgebreitet haben. Sattheit gehört dazu, fehlender Ehrgeiz, eigenwillige Ansprüche. Wie es eben ist in einer Gesellschaft, in der vielen die Pension als Lebensziel gilt.

Zeit zum Handeln also. Aber man schaut zu. Dabei hat man vor der Wahl versprochen, etwas zu ändern. Aber da hat man ja so viel versprochen. Und darum wird sich Österreich wohl künftig nicht mehr als Beschäftigungsparadies rühmen können. Und für viele Menschen wird die Arbeitslosigkeit wohl zu einem richtig ernsten Thema, selbst für die, die bestens qualifiziert, ehrgeizig und hochmotiviert sind.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 14.12. 2013

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