Donnerstag, 5. September 2013

Ein vermisstes Wahlversprechen



50.000, 150.000, 400.000 Arbeitsplätze, weniger Steuern, Freifahrt für Jugendliche, Entlastung für Familien. Die Parteien versprechen in diesen Wochen vor der Nationalratswahl den p.t. Wählerinnen und Wählern das Blaue vom Himmel. Ganz einerlei, ob sie als SPÖ und ÖVP Regierungsverantwortung tragen, oder ob sie als Oppositionspartei welcher Größe und Bedeutung auch immer, nur versuchen in der heimischen Politik mitzumischen. Alle tun so, als hätten sie allein die Macht in der Hand und könnten schalten und walten, wie sie wollen.

Warum sie das tun, ist freilich nicht nachzuvollziehen. Die Zeit der Alleinregierungen in Österreich ist längst Geschichte. Und man ist sehr viel näher bei der Zeit, dass drei Parteien zusammenfinden müssen, um das Land zu regieren, als dass wieder eine Partei alleine regieren könnte.

Die politischen Verhältnisse in Österreich sind so, dass die Parteien miteinander können müssen. Da sind Kompromissfähigkeit gefragt, Konsensbereitschaft, Bereitschaft zur Zusammenarbeit und gegenseitige Wertschätzung. All das könnte ein Wahlversprechen sein. Fein verpackt und ausformuliert und getragen von der nötigen Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit.

Ein solches findet sich freilich in keinem der Programme und Ankündigungen, mit denen die Parteien um die Stimmen der Wähler buhlen.

Dabei ist es bei Licht betrachtet, für das Vorankommen eines Landes unabdingbar, dass die politischen Parteien und ihre Verantwortungsträger zum Ziel haben, miteinander zu wollen und zu können.

Österreichs Politik und Politiker freilich können, und das ist die Krux, mit der Situation wie sie sich in Österreich darstellt, nicht umgehen. Da setzt man sehr viel lieber alle Energie darein, sich gegenseitig zu blockieren und zu behindern. Man tut das allzu oft aus reiner Bosheit, man tut es oft freilich auch aus der unergründlichen Überzeugung heraus, um des eigenen Vorteils willen dem anderen schaden zu müssen. Man verschwendet keine Gedanken an Konsens und Wertschätzung der politischen Konkurrenten. Und man vergisst, dass Politik nicht für sich alleine steht, sondern dass sie für eine Vielfalt an gesellschaftlichen Gruppen mit ganz persönlichen Ansprüchen und Lebensvorstellungen zu wirken hat, die es zu respektieren gilt.

Davon freilich ist man ist Österreich zuweilen weit entfernt. Da macht man lieber alles herunter und zerdeppert es wie kleine Kinder die Vase im Wohnzimmer und hat dann keine Scheu, das trotzdem selbstzufrieden ob der eigenen Forschheit den Zustand der Republik, respektive des Wirtschaftsstandortes Österreich, "abgesandelt“ zu nennen.

An den Folgen tragen alle. Nicht ohne Grund ist die Bilanz der vergangenen Jahre so mager, machen sich viele Menschen in diesem Land Sorgen um die Zukunft und wenden sich viele verdrossen von der Politik ab. Man ist der Wahlkampf-Haxelbeißereien, die einem tagtäglich präsentiert werden, müde, man kann die Wortblasen nicht mehr hören und die Slogans, man kann die Bilder nicht mehr sehen und man hat die Inszenierungen satt. Diese künstliche Aufgeregtheit, die aus allen Statements wabert, die künstlichen Bilder, die affichiert sind, diese künstliche Politik weitab der Realität, die einem präsentiert wird.

Man kennt all das aus den vergangenen Jahren. Neu ist nichts. Und man weiß, dass die Wertigkeit all dessen, was da serviert wird, allermeistens gegen Null geht.

Dabei wäre vieles von dem, was in diesem Wahlkampftagen und -wochen angekündigt, versprochen und gefordert wird, nicht schlecht. Vieles täte dem Land gut, vieles hätte das Land bitter nötig, auf vieles wartet das Land schon lange. Aber warum sollte man all dem nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte Glauben schenken? Klang es nicht vor fünf Jahren ähnlich? Und vor sieben, vor elf und vor 14 Jahren?

Da verwundert die zuweilen vorgetragenen Klage, dass der Wahlkampf fad sei, nicht. Man kennt die Mechanismen, man weiß, was man wie einzuordnen hat, man weiß, wie man mit dem, was man hört, umzugehen hat. Längst hat man den Glauben daran verloren, dass tatsächlich etwas anders wird in der heimischen Politik und damit in diesem Land.

Das freilich ist auch keine Perspektive. Daraus eine zu machen ist wohl die größter Herausforderung, vor der die Politik steht. Angesichts der Erfahrungen in diesen Wochen, ist wohl noch länger darauf zu warten.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 4. September 2013

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