Donnerstag, 5. September 2013

"Bis zum letzten Hendlfurz"


 
 
 
Hans Zeger, der sich als nimmermüder Chef der Arge Daten in diesem Land um zumindest ein Mindestmaß an Datenschutz bemüht, ist eine schöne Wortkreation zu verdanken. "Die Bauern sind wegen der Förderungen die bestüberwachte Bevölkerungsgruppe", sagte er im Zuge der Diskussion über die Datensammelwut, die vom Weißen Haus, über die Geschäfte mit all ihren Kundenkarten bis in die österreichischen Arztordinationen grassiert und die Bürger verschreckt. Überwacht "bis zum letzten Hendlfurz" fügte der dann noch dran.

Schöner, origineller und vor allem treffender kann man nicht formulieren, woran Österreich Bauern seit Jahr und Tag zu tragen haben. Wie keine andere Bevölkerungsgruppe müssen sie sie nicht nur ihre Brieftaschen, sondern auch ihre Ställe und Felder durchleuchten lassen. Alles will man offenbar von ihnen wissen weil man ihnen offenbar alles zutraut und ihnen nicht vertrauen mag. In den vergangenen Jahren ist rund um die einfache und schlichte Erzeugung von Agrarprodukten eine kafkaeske Welt aufgebaut worden, die ihresgleichen sucht.

Dabei waren es selten die Bauernvertreter oder die so gerne gescholtene AMA, die sich all die Quälereien einfallen ließen. Verlangt wurden sie von der nicht-bäuerliche Bevölkerung und ihren politischen Vertretern. Andernfalls, so ihre Drohung, wollen die die öffentlichen Kassen für die Bauern nicht öffnen.

Man verlangte Transparenz, man drängte auf Nachvollziehbarkeit, man wollte wissen, wer was mit welchem Geld macht. Bis hin zur Transparenzdatenbank, in der alle Bauern, vom ganz kleinen Bergbauern bis hin zum Prinzen Charles, der Gesellschaft als Nehmer vorgeführt wurden. Dabei hat man keinerlei Scheu unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Man denke nur an das Scheitern einer Datenbank, in der alle Zuwendungen für jeden einzelnen Österreicher einsehbar gemacht werden sollten.

Der Fortschritt, den die Bloßstellung der Landwirtschaft alias Transparenz  und Nachvollziehbarkeit bis zum, um bei Hans Zeger zu bleiben, "letzten Hendlfurz" brachte, ist gering, die Verwicklungen hingegen werden immer größer. Die Streitereien um die Vermessung der Almflächen sind nur ein Beispiel dafür. Und auch die immer neuen Lebensmittelskandale. Je mehr Daten gesammelt werden, je größer die Bürokratie ist, desto größer und monströser sind die Folgen, wenn etwas schief läuft.

Die Frage nach dem Sinn all dieses Tuns wird nur mehr pro Forma gestellt. Längst scheint man jede Hoffnung auf Verbesserung fahren gelassen zu haben. Jede Ankündigung von Entbürokratisierung, jedes Versprechen der Vereinfachung, scheint unabänderlich in immer neue Kaskaden an Vorschriften zu münden.

Die EU-Agrarreform wird das nächste Beispiel dafür. Obwohl der Abbau von Bürokratie eines der obersten Ziel war, gilt inzwischen als sicher, dass ebendiese noch mehr wird. 

Für die Landwirtschaft scheint es kein Entrinnen zu geben. Im Gegenteil - es wird wohl noch schlimmer werden. Auswege aus diesem Dilemma sind schwer zu finden. Den einen, den es gibt, traut sich kaum ein Landwirt zu machen - den Verzicht auf all die Ausgleichszahlungen und Förderungen. Nur dieser würde unabhängig machen und den Bauern jene Freiheit bringen, die sie so gerne für sich in Anspruch nähmen. Weil das angesichts der Preise für Agrargüter aber alles andere als einfach ist, bleibt wohl nichts, als auch fürderhin Überwachung und Kontrolle in Kauf zu nehmen - bis zum letzten Hendlfurz.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 5. September 2013
 

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