Donnerstag, 27. Juni 2013

Wider besseres Wissen



Den Beobachtern des Tuns der heimischen Politik wird schön langsam schwummrig vor den Augen. Auf bis zu 22 Milliarden Euro wird geschätzt, was die Parteien bisher dem Wahlvolk versprachen, auf dass sie gewählt werden. Hunderte Millionen schwere "Familienpakete“, Finanzhilfen für Pensionsanpassungen, Steuergeschenke und noch aus dem Stand 500 Millionen für die Bauwirtschaft. Und und und. Die Versprechen scheinen alle Rekorde zu brechen und alles Bisherige in den Schatten zu stellen. So locker und vollmundig hat man sich noch nie hinauflizitiert.

Die Schwarzen tun es und die Roten. Die Blauen fahren hinterdrein und auch die Grünen und die Stronach-Partie. Und auch der Gewerkschaftsbund versucht noch was hineinzudrücken. Völlig losgelöst geben sich die Damen und Herren, wenn es gilt, Wählerinnen und Wählern schöne Augen und viel Hoffnungen zu machen.

Je näher die Wahl kommt, desto weniger gilt, was man in den vergangenen Jahren an Besserung gelobte. Und desto weniger Rolle spielt der Staatshaushalt, der selbst ein Sanierungsfall ist und dessen Möglichkeiten entsprechend beschränkt sind. Dabei hat der Intensivwahlkampf noch gar nicht begonnen.

Alle Warnungen scheinen einstweilen fruchtlos. Mahnende Stimmen, wie die der Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller, verhallen ungehört. Vorschläge, wie der 599 Punkte umfassende Einsparkatalog, den vor gar nicht allzu langer Zeit der Rechnungshof präsentierte, sind nichts als Makulatur. Drei Monate vor der Wahl ist nirgendwo mehr vom Sparen die Rede. Da macht man sich keinerlei Gedanken mehr um Gegenfinanzierungen. Dabei reichen schon jetzt für das, was da bereits am Tisch liegt, keine noch so hohen Reichen-, Erbschafts- und Schenkungssteuern. Das ist auch mit keinem Sparprogramm hereinzubringen. Und selbst wenn es griechische Dimensionen hätte.

Es ist erstaunlich, wie die Dinge ihren Gang nehmen. Wie die Vorsätze bröseln, wie sich jede Vernunft auflöst und wie ein ganzes Land in einen Wünsch-dir-was-Taumel gerät. Denn es sind nicht alleine die um Stimmen heischenden Politiker, die die Stimmung erzeugen und anheizen. Da gehört immer auch die Bevölkerung dazu, die da mitmacht und die gerne glaubt, was ihr in Aussicht gestellt wird.

Und das tut die österreichische Bevölkerung. Freilich nicht in jederlei Hinsicht, dieser Illusion gibt man sich nicht hin. Aber den Versprechungen, die das eigene Umfeld betreffen, denen gibt man sich gerne hin. Was zählt ist das eigene Blickfeld. Und da ist das Versprechen, die Familien mehr zu fördern, natürlich bei den jungen Eltern Musik in den Ohren. Nicht anders verhält es sich, wenn man hört, dass es eine Steuerreform für die mittleren Einkommen geben soll oder Geld für die Bauwirtschaft. Und es macht Freude, wenn man vernimmt, dass dafür andere zahlen sollen. Zumal dann, wenn die als "Millionäre“ punziert sind.

Auch wenn man es aus der Erfahrung der vergangenen Jahre nicht mehr wirklich glauben mag, was einem da versprochen wird - dagegen haben will man doch nichts. Und dagegen sein auch nicht. "Blöd werden wir sein“. Die meisten Österreicherinnen und Österreicher denken so. Hartgesottene Parteigänger sowieso, aber immer noch auch viele, viele andere. "Irgendwas wird schon hängenbleiben“ hoffen sie und richten ihr Wahlverhalten danach. Nur wenige, viel zu wenige, denken anders.

Das freilich motiviert die Politik, sich immer neue Versprechungen einfallen zu lassen und sich damit immer weiter aus dem Fenster zu lehnen. Man weiß, das zieht. Zumindest bis zu den Wahlen. Und wenn vieles von dem, was man da jetzt mitunter sehr vollmundig verspricht, nicht kommt - sei’s drum, in fünf Jahren ist ohnehin wieder alles anders.

Man muss dem Kalkül der Politik recht geben. Auch wenn darob längst ihre Glaubwürdigkeit verloren gegangen ist. Es funktioniert und die Muster wiederholen sich immer wieder. Wahlgang für Wahlgang. Bei Kommunalwahlen, bei Landtagswahlen und demnächst bei den Nationalratswahlen. Man kann nur staunen. Was kümmern mich die Versprechungen von gestern, gilt nicht nur für die Politik und ihre Exponenten. Dieser Satz gilt auch für die Wählerinnen und Wähler. Sie wollen glauben, was man ihnen ankündigt, sie klammern sich mitunter dran. Und sie vertrauen drauf.

Man kann jetzt schon sicher sein, dass sie damit wieder nur benutzt werden. Nicht immer, das sei angefügt, aber viel zu oft. Und viel zu oft wider besseres Wissen.

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