Donnerstag, 20. Juni 2013

Laut bellen, klein beigeben



Die ersten österreichischen UNO-Soldaten sind von der Golan-Mission zurück. Die anderen werden in den kommenden Wochen zurückkommen. Erleichtert von der Entscheidung mögen viele sein, glücklich ist damit niemand. International erntet Österreich Häme. Die überfallsartige Entscheidung ohne Vorankündigung kostete auf dem internationalen Parkett wohl viel Reputation. Die UNO reagierte verärgert. Das tat auch Israel. Österreich läuft große Gefahr international als Staat noch weniger ernst genommen zu werden als bisher. Ein Land, das seine Leute zurückzieht, wenn es ernst zu werden droht, gilt nicht mehr als Staat, auf den man sich verlassen und mit dem man planen kann. Diesen Ruf hatte bisher nur Italien. Jetzt hat ihn wohl auch Österreich.

Kritik und Unverständnis gibt es nicht nur im Ausland. Auch in Österreich werden die kritischen Stimmen immer lauter. Die Sorgen, dass sich Österreich mit Entscheidungen wie diesen ins internationale Abseits stellt, mehren sich. "Wir haben außenpolitisch abgedankt“, schoss der einstige VP-Parteiobmann Erhard Busek Giftpfeile auf seinen Nachfolger Michael Spindelegger. "Österreich hinterlässt verbrannte Erde“, formulieren ansonsten diskrete Diplomaten ihren Unmut. Selbst OECD-Botschafter Wolfgang Petritsch, als einstiger Kreisky-Sekretär in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat, zeigte sich von der Entscheidung von Bundeskanzler Faymann und seinem Außenminister wenig begeistert. "Unsere aktive Mitarbeit bei der UNO-Friedensmission hatte jahrzehntelang einen hohen Stellenwert“, sagt er im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil“. Das alles aber werde jetzt leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

Von der Hand zu weisen sind diese kritischen Stimmen nicht. Auch wenn sie politisch eingefärbt sein mögen. In Sachen Rückgabe des UNO-Mandats am Golan ist Österreich über sich selbst gestolpert. Und das in einer Art und Weise, die nicht wirklich verwundert, zumal sie der politischen und gesellschaftlichen Kultur in diesem Land entspricht, deren wichtigste Merkmale laut bellen und klein beigeben sind.

Man wollte sich solidarisch, stark und zuverlässig zeigen und musste erkennen, dass das Land nicht die Kraft dazu hat. Zu mehr als Schönwetter-Politik auf dem internationalen Parkett reicht es offenbar nicht. Der Stolz, mit dem sich in den vergangenen Jahrzehnten die heimischen Politiker jedweder Couleur auf dem Golan präsentierten, wirkt nunmehr schal, ihre Äußerungen hohl. Und dass sich der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Heeres in dem ganzen Entscheidungsprozess als nichts als ein uninformierter Papiertiger erwies, fügt sich dabei bestens ins schräge Bild von Österreich, das man im Ausland immer öfter von der Alpenrepublik hat.

Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten das internationale Renommee genossen, aber die Folgen des Engagements nie bis in die letzte Konsequenz fertig gedacht. Denn dann hätte man das UN-Mandat wohl gar nicht annehmen dürfen.

Aber das passt zum Land. Man hat es allemal lieber unscharf, man lässt sich gerne loben und lässt die Dinge lieber treiben, als sie in den Griff zu nehmen. Nicht nur beim UN-Mandat auf dem Golan. Auch die heimische Neutralität ist so ein Thema, um das man seit Jahrzehnten herumdruckst. Eine tragfähige Position, die auch international ähnlich der Schweizer Neutralität geschätzt wird, ist daraus nie entstanden. Die österreichische Neutralität hat immer den Hautgout, dass es sich das Land je nach Lage für sich richten will. Verbindlichkeit ist nicht, was damit verbunden wird. Eher sind es ducken, wegschauen und aufschieben. Das vor allem.

Das tut man gerne in diesem Land. Ganz oben und ganz unten. Und dazwischen auch. Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen durchzutragen gehört in Österreich nicht zu den Tugenden, die sehr verbreitet sind. Da druckst man lieber herum und macht sich klein. Da zeigt man sich großartig im Erfinden von Erklärungen und Entschuldigungen die freilich zumeist nichts als Ausreden sind. Da vergisst man die Versprechungen von gestern. Da richtet man es sich allemal lieber nach den ureigensten Bedürfnissen. Und notfalls zieht man eben die Reißleine - so wie die Bundesregierung am Golan.

So gesehen ist das dann ja aus österreichischer Sicht und mit österreichischem Hintergrund nur logisch. Ob es akzeptabel ist, entscheiden freilich andere.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 20. Juni 2013

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1