Donnerstag, 31. Januar 2013

Das Leer-Jahr 2013



Die Argumente schienen logisch. Mehr Zeit, politische Konzepte zu entwickeln und dann fern von Wahlkämpfen umzusetzen, wurde zuvorderst genannt, als man seinerzeit beschloss, die Legislaturperiode auf Bundesebene von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Heuer geht die erste fünfjährige Periode zu Ende. Was die Verlängerung gebracht hat, ist freilich nur schwer auszumachen. Die Politik hat längst die Arbeit eingestellt. Statt über die Lösung von politischen Problemen zu reden, mauschelt man in den Couloirs des Parlaments und in den Salons längst lieber über mögliche Wahlaussichten. Mit großer Verve bringt man die Figuren im Postenschacher in Stellung, sinnt eher nach Möglichkeiten der Konkurrenz eins auszuwischen, als konstruktiv zu arbeiten und verkauft Stillstand als Fortschritt.

Seit Monaten wird alles auf den Tag X hin ausgerichtet und ihm untergeordnet. Die Volksbefragung zum Bundesheer, die ohne Not angezettelt wurde und monatelang die Kapazitäten der Politik gebunden hat, war nur das erste Glied in einer Kette von Plebisziten. Daran soll das Wahlvolk im Superwahljahr 2013 einem Tanzbären nicht unähnlich den Nationalratswahlen im Herbst zugeführt werden. Von einem Stimmungstest zum andern wird man ab nun hecheln. Demnächst Niederösterreich, dann Kärnten, dann Salzburg, dann Tirol.

Große Weichenstellungen sind wohl nicht mehr zu erwarten, zumal dann, wenn ihnen der Geruch anhaftet, unpopulär zu sein. Viel größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man überall die Brieftasche in der Hand hat, um Wähler mit Zuckerln zu ködern - was freilich angesichts der angespannten Situation der Staats- und Länderfinanzen nichts anderes als eine gefährliche Drohung ist. Die Anpassung des Pendlerpauschales vor Weihnachten war wohl nur ein Anfang. Und man kann nur hoffen, dass sich jener Tag vor den letzten Wahlen nicht wiederholt, als alle Parteien im Anfall eines kollektiven Furors jedes Maß verloren und die Gelder nur so zum Fenster hinauswarfen.

Trübe Aussichten fürwahr. Sie sind Folge einer Politik, die sich sehr viel eher dem politischen Populismus verschrieben hat, als ernsthaft im Staat anstehende Fragen zu lösen. Gute und gut gemeinte Ansätze verkommen so mitunter zu billiger Schmiere. Ernsthafte Absichten geraten schnell zum billigen Gag. Die Verlängerung der Legislaturperiode ist so etwas. Sie wurde allzu schnell von allzu vielen Akteuren der Politik als eine Möglichkeit den Wahlkampf um ein Jahr auszudehnen, interpretiert. Nichts anderes war die Volkbefragung, bei der es die direkte Demokratie gerade einmal zum Feigenblatt für einen Probe-Waffengang der Parteien brachte. Die Senkung des Wahlalters auf 16 passt auch in diese Reihe. Schnell ein paar Argumente hergezaubert und, um den ewig nörgelnden Kritikern Handlungsfähigkeit zu beweisen, flugs ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Die Jungen freilich ließ man dann allein, sie an die neuen Möglichkeiten heranzuführen, ihnen die Verantwortung und die Möglichkeiten auszudeutschen versuchte man indes gar nicht erst.

Ein langer Atem, die großer Perspektive, ist schon lange nicht mehr eine Kategorie in der österreichischen Politik. Nicht einmal der Begriff Kurzatmigkeit reicht. Der Begriff "hecheln“ ist wohl eher das, was passt.

Statt einer Linie zu folgen und einem Ziel, irrlichtert man durch die Jahre. Zu oft werden Konzepte großspurig angekündigt und verschwinden umgehend in Schubladen, an der politischen Konkurrenz wird grundsätzlich kein gutes Haar gelassen und schon gar nicht das verschwendet, was gemeinhin als Respekt gilt. Man hat die Schlagzeile in den Zeitungen des nächsten Tages im Auge, und in die "Zeit im Bild“ zu kommen gilt als das Höchste, was zu erreichen ist.

Dass die Qualität der Politik unter diesen Umständen leidet, liegt auf der Hand. Und dass ihr Ansehen längst keines mehr ist, auch. Man bindet die Kapazitäten und das Engagement allzu oft mit Nichtigkeiten, arbeitet sich am Schlechtmachen des Mitbewerbs ab und bringt in wichtigen Themen nichts weiter. Und so rasen wir nahezu ungebremst in den Abgrund der Pensionslücke, wird das Bildungswesen sehenden Auges an die Wand gefahren und der Berg ungelöster Probleme immer größer.

Die Verlängerung der Legislaturperiode hat in dieser Hinsicht nichts geändert. Würden wir nach wie vor alle vier Jahre wählen, hätten wir aber zumindest das, was uns jetzt bevorsteht, schon hinter uns.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 31. Jänner 2013

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