Freitag, 2. November 2012

Geruch der Bauerntäuscherei hängt in der Luft





Die ersten großen Hürden auf dem Weg der heimischen Landwirtschaft in die Zukunft sind überwunden. Ende August präsentierte der Landwirtschaftsminister ein Modell zur Angleichung der Förderungen innerhalb Österreichs. Seit drei Wochen liegt auch in der Einheitswertfrage und damit in der Neuordnung der Besteuerung der Bauern eine Lösung auf dem Tisch.

Allerorten lobt man sich in höchsten Tönen. Von Vorarlberg bis Salzburg heften sich die Landesräte und Kammerpräsidenten an die Brust, dass in Zukunft mehr EU-Geld in ihre Bundesländer fließt. Ihre Kollegen im Osten halten sich zugute, dass sie die Mittel für ihre jeweiligen Bundesländer ohne allzu große Abstriche sichern konnten. Und der Bauernbundpräsident lässt sich dafür feiern, dass er verhinderte, dass sich die SPÖ bei Einheitswerten und Besteuerung mit ihren Forderungen durchsetzte.

Alles paletti also? Aus der Vogelperspektive der Agrarpolitiker mag das so sein. Für viele Bauern ist das ganz sicher nicht so. Denn was auf Landesebene und in Gesamtzahlen oder vor dem Hintergrund von Forderungen anderer Parteien gut ausschauen mag, muss noch lange nicht gut für den einzelnen Landwirt sein. Denn da gibt es nicht nur Sieger, sondern auch sehr viele Verlierer.

Die Veränderungen, die kommen, sind für viele einzelne Landwirte heftig. Da geht es mitunter um eine Erhöhung der Belastungen oder eine Senkung der Förderungen im zweistelligen Bereich. Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, wie die Agrarpolitik, die sonst mitunter jedes Zehntelprozent an Veränderung zum Drama und zur Existenzfrage erklärt, darüber hinwegzuturnen versucht.

"Das muss sein", ist alles was man denen sagt, die es erwischt - und man versteckt sich lieber tunlichst hinter Gesamtzahlen und verweist auf abgewehrte Forderungen anderer Parteien. Als ob sich die betroffenen Bauern davon etwas abbeißen könnten. Konkrete Informationen zu den möglichen Auswirkungen auf die einzelnen Betriebe sind indes bisher so spärlich, dass es an Bauerntäuscherei grenzt.

Wie lange das gut geht, ist offen. Bei den Schweine-und Milchbauern, die in die Steuerpflicht genommen werden, brodelt es bereits. Vor allem Ungleichheiten in der Bewertung der Tierbestände sorgen für Unmut. Viele Ackerbauern ärgern sich, dass es wieder nichts mit der seit Jahren versprochenen Besserstellung bei den Einheitswerten geworden ist, und sind erstaunt, mit welchem Gleichmut ihnen ein Viertel der Prämien und mehr einfach genommen wird. Viele fragen danach, wo die Gerechtigkeit bleibt, und viele fühlen sich ge- und enttäuscht. Allerorten brechen Spannungen innerhalb der Bauernschaft auf. Die einen freuen sich darüber, dass die Schweinebauern Steuern zahlen müssen, die anderen, dass die Ackerbauern gestutzt werden. Dass es dabei oft um sehr viel geht, ist ihnen genauso egal wie den Agrarpolitikern.

Angesichts der heftigen Veränderungen, die anstehen, ist die Lage in der Bauernschaft freilich relativ ruhig. Der Bauernbund scheint bis hinunter in die Bezirksorganisationen, die sich wohl aus Parteiräson und oft gegen ihre Interessen handzahm geben, alles im Griff zu haben. Bemerkenswert ist auch, wie ruhig all die Agrar-Robin-Hoods von der IG-Milch über die SP-Bauern, den Bauernverband bis hin zum Grünen-Evergreen Wolfgang Pirkelhuber sind.

Die Ruhe freilich könnte sich als trügerisch erweisen. Die Bauern vertragen viel. Aber alles, was nur den Geruch von Täuscherei hat, vertragen sie nicht. Gar nicht.

Gmeiner meint Blick ins Land - 2. November 2012

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