Donnerstag, 30. August 2012

Wo sind die Spielverderber?





"Jugendcheck“ heißt die neue politische Wunderwaffe. Alle Gesetze müssen künftig, so sieht es der Plan von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vor, auf ihre Auswirkungen auf die Jugend hin geprüft werden. Erst dann dürfen sie in die Beschlussfassung. Schon jetzt darf man neugierig sein, wie das künftig etwa beim Budgetgesetz laufen wird, hat doch kaum ein anderes Gesetz derart weitreichende Auswirkungen auf die kommenden Generationen. Und da tut die Generation, die derzeit am Ruder ist, nachgerade so, als ob es die nicht gäbe.

Die Entwicklung der Zahlen und damit der Generationenlast ist so beeindruckend wie erschreckend. Mitte der 1950er Jahre, als die Generation, die heute in Österreich in Pension geht, zur Welt kam, betrug die Finanzschuld des Bundes gut dreizehn Milliarden Schilling. Das war damals ungefähr so viel, wie heute sieben Milliarden Euro wert sind. Pro Kopf machte das zu heutigen Preisen 1.000 Euro aus. Heute haben die Mädchen und Buben, die in diesen Tagen in diesem Land ihren ersten Schrei machen, schon ein Schuldenpackerl von 30.000 Euro in der Wiege liegen. Man mag gar nicht ausrechnen, wie das weitergehen wird, zumal es gerade einmal zehn Jahre her ist, dass die Schuldenlast pro Kopf gerade halb so groß war.

Es ist nachvollziehbar, dass immer mehr Menschen Angst und bang wird in Zeiten wie diesen, wo so viel mit Zahlen herumjongliert wird, die man auf den ersten Blick ob ihrer vielen Nullen gar nicht mehr benennen kann. Alleine die Entwicklung der Relation zwischen Staatsschulden und Steueraufkommen, aus dem sie bedient werden müssen, könnte einem die Ganselhaut aufziehen.

Die Staatsschulden der Republik Österreich haben heuer ein Volumen von unvorstellbaren 225 Milliarden Euro erreicht. Das ist 2,71 Mal so viel, wie die jährlichen Steuereinnahmen, die mit 82,7 Milliarden Euro in Österreich - alle wissen es und viele leiden darunter - ohnehin nicht gering sind. Diese Relation könnte, man denke nur an die Haftungen, die Österreich im Zug der Eurokrise übernommen hat, bald sehr viel schlechter und die Steuerlast noch sehr viel höher sein.

Aber Forderungen nach Zuschüssen, Ausgleichszahlungen, Renten und Förderungen werden in diesem Land, mit ein paar populistischen Abstrichen allenfalls, immer noch bedient, als gäbe es kein Morgen. Alle greifen gerne zu und alle greifen so gerne zu, weil die anderen auch zugreifen. Stopp sagt niemand. Und wer‘s dennoch versucht, wird als Spielverderber angeprangert.

Es wäre hoch an der Zeit, dass sich die kommenden Generationen für das Spiel derer interessieren, die es mit ihrem Anspruchsdenken geschafft haben, aus den gut 1.000 Euro Schulden, die sie bei ihrer Geburt hatten, im Lauf ihres Lebens 30.000 zu machen, das nun den Jungen einfach umhängen und für den Rest ihrer Tage weiterhin ungehemmte Alimentierung verlangen.

Doch von den Jungen ist wenig zu hören. Viel zu wenig. Die Jugendorganisationen der Parteien sind keine Einrichtungen der Erneuerung und der Weiterentwicklung, sondern dienen in praktisch allen Fällen zu nichts anderem, als das künftige Wahlvolk möglichst stromlinienförmig im Sinne der Partei-Interessen auszurichten.

Eine garantierte Altersversorgung ist es, die junge Menschen erwarten, Bildung und Jobs. Tun will man wenig dafür. Politisches Engagement ist nicht das, was in der Lebensplanung der Jungen ganz oben steht. Zu verargen ist es ihnen nicht, zumal sie und ihre Meinungen durchaus nicht überall so willkommen sind, wie das in Sonntagsreden gerne kundgetan wird.

Das sollte aber kein Grund sein, nichts zu tun. Denn sonst überlässt man das Feld womöglich genau denen, die einem die Politik nicht nur vergällen, sondern die die Zukunft vollends verbauen. Die Gefahr dafür ist sehr hoch. Denn derzeit gilt wohl bis auf ganz wenige Ausnahmen uneingeschränkt, was Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, ein Sozialdemokrat, aus dem Innersten seines Herzens auf die Frage nach Jungpolitikern von sich gab: "Wenn ich mir so den Nachwuchs anschau: Boah! Das Personal wird nicht besser, fürchte ich.“

Das sollte die Generation, die mit einem Handicap 30.000 Euro in die Welt und ins Berufsleben startet, nicht hinnehmen. Das Leben sollte doch mehr bieten, als Schulden zurückzuzahlen, noch dazu solche, die man selbst gar nicht gemacht hat.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 30. August 2012

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