Donnerstag, 30. August 2012

Milchquote kostete die Bauern 750 Mill. Euro


 

 

Das auslaufende Milchquoten-System war nur teuer. Die Zukunft der Milchbauern liegt in einer Ausweitung der Produktion.
 
GMEINERWels(SN).Die heimische Milchwirtschaft steht vor einem markanten Expansionsschub. Die Milchbauern werden ihre Erzeugung in den kommenden acht Jahren deutlich erhöhen müssen, um wirtschaftlich bestehen zu können. Verantwortlich dafür sind die bevorstehende EU-Agrarreform und das damit einhergehende Ende des Lieferrechtssystems. Statt durch Quoten beschränkt zu sein, können die Bauern in Zukunft liefern, was sie für notwendig halten. Beschränkend ist allenfalls die zur Verfügung stehende Fläche. „Das ist die neue Quote“, sagt Leopold Kirner vom Institut für Agrarwirtschaft des Landwirtschaftsministeriums. Er analysierte in einer Studie Chancen und Risken der Milchwirtschaft.

Anders als viele Bauern sieht Kirner das Ende der Quote als Befreiung und Chance für die Landwirtschaft und nicht als Gefahr. Große Auswirkungen auf die Preise erwartet er nicht. „Die Milchquote kostete die Bauern sehr viel Geld“, sagte der Experte am Mittwoch bei der Präsentation der Studie bei der Landwirtschaftsmesse in Wels. „Den Milchpreis stabilisiert die Quote schon lang nicht mehr.“ Vorsichtigen Schätzungen zufolge zahlten die österreichischen Bauern in den vergangenen zehn Jahren für den Zukauf von Quoten und für Strafen, die bei Überlieferung fällig wurden, rund 750 Mill. Euro.

Kirner sieht die Zukunft für die Milchbauern gelassen. „Die Betriebe haben große Reserven“, sagt er. „Ohne große Investitionen oder Aufstockung des Viehbestands können die meisten Bauern praktisch von einem Tag auf den anderen die Produktion um rund 15 bis 20 Prozent erhöhen, um die steigenden Kosten auszugleichen“.

Kirner erwartet, dass sich europaweit die Milchproduktion in Zukunft noch stärker als bisher in Grünlandstandorte verlagern wird. Das gilt auch für Österreich. Hier wandert die Milchproduktion seit Jahren ins Berggebiet. So wuchs in Salzburg im Pinzgau und im Lungau die Milchproduktion zuletzt am stärksten.

„Österreich hat eine gute Ausgangsposition für eine erfolgreiche Milchproduktion“, sagt Edith Klauser, Sektionschefin im Landwirtschaftsministerium. „Wir haben uns früh höchster Qualität verschrieben und sind Vorreiter bei der Produktion nicht gentechnisch veränderter Milch sowie bei Bio.“

Gelassen sehen auch die heimischen Milchverarbeiter die Entwicklung. „Wir rechnen mit zehn bis 20 Prozent mehr Milch“, sagt Helmut Petschar, der Sprecher der heimischen Molkereien. Die Absicherung des Markts durch regionale Spezialitäten, der Ausbau der Exporte und die verstärkte Zusammenarbeit in der Branche stehen im Mittelpunkt der Strategie, mit der die Molkereien die Milchflut bewältigen wollen. Anton Wagner, Obmann der Rinderzüchter, teilt diese Einschätzungen grundsätzlich. Finanziell dürften die Rinderhalter bei der EU-Agrarreform und bei der Umschichtung des österreichischen Fördersystems dennoch nicht zu kurz kommen, verlangt er. Je nach Berechnungsmodell für die anstehende Angleichung der Flächenprämien drohen Milchbauern Förderkürzungen bis zu 56 Prozent. Wagner verlangt insbesondere eine Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes bei der Agrarförderung. „Das Arbeitseinkommen in einem Marktfruchtbetrieb ist doppelt so hoch wie in der Milchwirtschaft“, sagt er. „Das muss in der Gestaltung des Ausgleichszahlungssystems berücksichtigt werden.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 30. August 2012

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