Donnerstag, 8. März 2012

Das schwere Los von Pflänzchen in der Wüste politischer Dumpfheit





Während die Bundespolitik in Wien an einer gesetzlichen Regelung für die Offenlegung von Parteispenden respektive deren Verhinderung würgt, zeigt das kleine Salzburg, wie es gehen könnte. Dort einigten sich dieser Tage alle vier im Landtag vertretenen Parteien auf Regeln, wie denn mit Zuwendungen an die politischen Parteien und mit der Information der Öffentlichkeit darüber umzugehen sei.

Nun steht die dortige Landeshauptfrau zwar im Ruf, sich immer dann besonders innovativ zu zeigen, wenn sie das nichts kostet - was die Vermutung nahe legt, dass es in Salzburg um nicht wirklich viel geht. Das ändert aber nichts daran, dass dem Vorstoß durchaus Vorbildkraft zu eigen ist.

Derzeit haben die Länder die Nase vorn, wenn es darum geht, politische Lösungen umzusetzen. Zumal bei Themen, an denen Österreich leidet, weil auf Bundesebene nichts vorankommt. Beispiele dafür gab es in den vergangenen Monaten gar nicht wenige. Das sind die Steirer mit ihrer Reformpartnerschaft und ihrem als "Eintrachtspärchen“ bespöttelten Duo Voves-Schützenhöfer an der Spitze, die nicht nur mit ihrem um 180 Grad gewendeten politischen Stil, sondern auch mit der Zusammenlegung von Bezirken und Gemeinden und der beabsichtigten Halbierung der 50 Organisationseinheiten im Land für Aufsehen sorgten. Oder da ist Oberösterreichs Landeshauptmann Pühringer, der sich von heftigen Protesten nicht beirren ließ und eine tiefgreifende Spitalsreform durchsetzte.

Das mag angesichts des Reformbedarfs in diesem Land wenig erscheinen. Aber es sind zumindest ein paar Pflänzchen der Vernunft in der Wüste der politischen Dumpfheit, die so oft zu ertragen, respektive kaum zu ertragen ist. Es ist nicht viel, aber es reicht allemal dafür, ein bisschen Hoffnung daran festzumachen, dass in diesem Land doch nicht alle politische Vernunft den Orkus hinuntergegangen ist.

Warum freilich in den Ländern oft möglich ist, was auf Bundesebene um nichts in der Welt machbar scheint, ist unverständlich. Und auch, warum sich das umgekehrt auch nicht anders verhält. Warum die Länder ihre Kollegen aus dem Bund so gerne auflaufen lassen und warum allzu machtversessene Landeshauptleute oft nichts anderes im Sinn zu haben scheinen, als in Wien Verdruss zu bereiten. So, als ob es sich nicht um ein Land, sondern um zwei Welten handeln würde, die nichts miteinander zu tun haben. Um zwei Arten von Menschen, die nichts gemein haben, und um Kulturen, die einander völlig fremd sind.

Dabei sind doch alle Politiker, sowohl die in den Ländern als auch die, die in National- und Bundesrat gewählt werden, vom gleichen Stamm. Sie haben ihr Haus im Dorf im Waldviertel, ihre Kinder werden in einer obersteirischen Schule unterrichtet, ihre Großeltern verbringen in einem Kärntner Seniorenheim ihren Lebensabend und sie pendeln mehrmals in der Woche von ihrem Wohnsitz in die Landeshauptstadt oder ins ferne Wien, um in den Gremien ihrer Partei und im Nationalrat die Menschen in ihrem Wahlkreis zu vertreten.

Die Bundespolitiker wurden, nicht anders als ihre Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, in ihren Orts- und Bezirksparteien groß, ehe sie auf Bundes- oder Landeswahllisten landeten.

Spätestens dann freilich ziehen sie oft nicht mehr am gleichen Strang, sondern stehen einander gegenüber. Und das zuweilen sogar in Verbitterung. Auf Bundesebene nehmen sich die Länder allzuoft als Betonierer und Blockierer aus. In den Ländern gilt die Bundespolitik oft als nichts anderes als dilettantische Räubertruppe.

Statt offen zu bleiben für die jeweils andere Sicht, lassen sich Politikerinnen und Politiker, die in jungen Jahren gemeinsam zu Parteiveranstaltungen in ihrem Bezirk gefahren sind, von den Gremien, in denen man landete, instrumentalisieren. Zuweilen willenlos, solange es nur dem eigenen Fortkommen dient. Und oft gedankenlos.

Dass sie vom gleichen Stamm sind, vergessen sie schnell. Kein Wunder, wenn da oft nichts mehr geht. Vor allem nichts mehr weiter geht und man einander nichts anderes als politische Geisel ist.

Die Pflänzchen der Hoffnung, die da und dort wachsen, verwelken darob. Das ist nicht akzeptabel und schwer verständlich. Aber es ist so. Und es ist offenbar unvermeidlich. Und darum ist Österreich viel zu oft wohl, wie es ist - eine Wüste der politischen Dumpfheit.

Meine Meiung - Raiffeisenzeitung 8. März 2012

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