Mittwoch, 8. Februar 2012

Politisches Scheitern in der zweiten Auflage ...





Erhard Busek ist drauf und Franz Fischler, Gerd Bacher, Friedhelm Frischenschlager, Johannes Voggenhuber und Herbert Paierl, Salzburgs einstige Politspitzen wie Wolfgang Radlegger, Josef Reschen und Josef Dechant. Man kennt die Namen und die Gesichter. Seit Jahrzehnten. Sie bestimmten die Politik in den vergangenen dreißig, vierzig Jahren in diesem Land. Hatten die Hebel der Macht in Händen. Gemeinsam ist den meisten von ihnen, dass sie abgewählt oder von ihren Parteien vor die Tür gesetzt wurden, dass sie kein Gehör mehr fanden oder sich nicht durchsetzen konnten - und dass sie jetzt auf der Proponentenliste des Volksbegehrens "MeinOE“ stehen. Mehr direkte Demokratie wollen sie in diesem Land durchsetzen, ein neues Wahlrecht, einen neuen Föderalismus, eine unabhängige Justiz und noch vieles andere mehr. Ehrbar durchaus. Und fraglos wichtig auch. Genauso wie Hannes Androsch’ Bildungsvolksbegehren.

Der Zeitpunkt, zu dem die Proponenten mit ihrem Anliegen in die Öffentlichkeit traten und Androsch dem Bildungssystem einen neuen Dreh geben wollte, entbehrt freilich nicht einer gewissen Pikanterie. Sie werden und wurden genau in den Wochen und Monaten lanciert, in denen die politischen Nachfahren dieser Herrschaften alle Hände voll zu tun haben, um deren politische Hinterlassenschaften, respektive deren finanziellen Folgen irgendwie in den Griff zu kriegen. Um nicht jede Perspektive für die Zukunft zu verlieren, ist man genötigt, das größte Sparpaket in der Geschichte der Republik zu schnüren.

Der ehemalige Rechnungshof-Chef Franz Fiedler brachte es auf den Punkt: "Wir müssen die Versäumnisse der Politik in der Vergangenheit aufheben.“ Ihm ist nur recht zu geben. Die Bemühungen der Altpolitiker, die nun wieder meinen vorgeben zu müssen, wohin sich der Staat entwickeln soll, erscheinen damit freilich in einem anderen Licht.

Ihre Anliegen mögen gut sein, sie selbst als Menschen und auch als Politiker nach hiesigen Maßstäben integer, aber sie sind die falschen Leute, diese Anliegen zu vertreten. Leute wie Busek, Paierl, Voggenhuber oder Androsch stehen Kraft der Ämter und Funktionen, die sie inne hatten, mit in der Verantwortung für das politische Klima im Land und für seine wirtschaftliche und demokratiepolitische Situation. Dafür, dass Veränderungen so schwer durchzusetzen sind. Für die Neidgesellschaft. Und natürlich - und das vor allem - für das politische Personal, das wir jetzt haben. Sind doch sie alle, von Faymann über Spindelegger bis hin zu Fekter, Darabos oder Berlakovich, in deren Zeit politisch sozialisiert worden und in die Politik hineingewachsen.

Alle, die da jetzt allerorten - den unseligen Altkickern der Cordoba-Generation nicht unähnlich - meinen, in das aktuelle Geschehen eingreifen und mitreden zu müssen, mögen immer ehrbar gehandelt haben. Zieht man aber einen Strich unter ihre Arbeit, steht als Resultat das heutige Österreich - genau das Österreich, über das sie sich nun selbst erschrocken zeigen. Das ist durchaus nachzuvollziehen, taten das doch andere in diesem Land schon längst vor ihnen, aber genau betrachtet nicht wirklich akzeptabel.

Dabei klingt, was die Proponenten des Volksbegehrens und andere ergraute Wutbürger mit Polit-Vergangenheit zu sagen haben und was sie fordern, durchaus danach, Hand und Fuß zu haben, notwendig zu sein und g‘scheit. Sie sprechen wohl vielen aus der Seele. Es vermittelt eine Substanz, die von weiten Kreisen der Bevölkerung längst vermisst wird.

Zu fragen ist aber dennoch, warum haben es diese Herrschaften nicht verstanden, diesen Geist, den sie nun einmahnen und Leute ihres Zuschnitts als ihre Nachfolger zu implementieren? Weil sie doch nur um ihr eigenes Ego kreisten? Weil sie sich zu wichtig nahmen? Weil sie niemanden groß werden ließen neben sich? Weil sie nur Ja-Sager holten, die ihnen willfährig an den Lippen hingen? Oder weil sie es nicht lassen konnten, immer und überall mitzureden und alles und jedes an sich zu ziehen? So wie sie jetzt nicht aufhören können?

Es gibt wohl eine Vielzahl von Gründen. Aber jeder von ihnen macht es schwer, neuerlich Vertrauen in all diese Leute und Namen zu fassen. Und das ist eigentlich das, was angesichts der Forderungen, die sie nun stellen, ganz besonders schade ist.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 9. Februar 2012

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