Mittwoch, 18. Januar 2012

Gleichung mit vielen Unbekannten

Die Bauern trifft die Budgetdiskussion auf dem falschen Fuß. Ihre Zukunft ist derzeit eine Gleichung mit vielen Unbekannten.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Die Bauern stöhnen unter den Begehrlichkeiten, denen sich die Landwirtschaft im Ringen um die Sanierung des Budgets gegenübersieht. „Schaut man sich die Vorschläge an, glaubt man wohl, dass wir das Sparpaket allein tragen sollen“, ärgert sich Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Bei der Umwidmungsabgabe hat man bereits Bereitschaft gezeigt, rund 25 Prozent des Sparpakets zu übernehmen. Für andere Pläne wie Kürzungen beim Agrardiesel oder den Kfz-Steuern auf Traktoren hat man hingegen kein Verständnis.
Besonders vehement wehrt man sich gegen Eingriffe in das System der steuerlichen Pauschalierung und eine Umstellung der Besteuerung auf Basis einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Das würde laut Bauernkammer zwar 70 Mill. Euro bringen, sagt deren Generalsekretär August Astl erstmals. Weil dann aber die Berechnungsbasis für die Sozialversicherungsbeiträge wesentlich niedriger werden würden als im derzeitigen System, das auf den Einheitswert abstellt, würden aber in der Sozialversicherung mindestens 100 Mill. Euro fehlen. Astl sagt: „Das ist Grund genug, die Pauschalierung zu verteidigen.“
Die Diskussionen und Begehrlichkeiten rund um das Sparpaket treffen die Agrarier auf dem falschen Fuß. Denn in der Landwirtschaft stehen in den nächsten zwei Jahren eine Reihe von Veränderungen an, die eng zusammenhängen und massive Verschiebungen bringen können. Schwierig macht, dass man die dafür nötigen Rahmenbedingungen und vor allem die finanziellen Möglichkeiten noch kaum kennt. Das macht die Zukunft für die Bauern zu einer Rechnung mit vielen Unbekannten.
Das Konfliktpotenzial innerhalb der Bauernschaft ist hoch. Um nichts falsch zu machen, will man daher Entscheidungen möglichst lang hinausschieben, um im Fall des Falles ausgleichend wirken zu können.

Doppelte Umverteilung

Die von der Landwirtschaft nun forcierte Neufeststellung der Einheitswerte etwa bringt tendenziell eine Verschiebung der Belastungen von Ostösterreich nach Westösterreich. Weil beim Einheitswert in Hinkunft verstärkt auch auf die Tierhaltung abgestellt werden soll, werden davon eher die Körndlbauern als die Hörndlbauern, sprich die Betriebe, die Tiere halten, profitieren. Das wird auch Folgen für die Pauschalierung haben, von der derzeit vor allem große Schweine- und Milchbetriebe profitieren.
Bei der von der EU geplanten Neugestaltung und Vereinheitlichung der Hektarprämien ist es hingegen genau umgekehrt. Dort werden die Hörndlbauern auf der Gewinner- und die Ackerbauern auf der Verliererseite stehen.
Die große Unbekannte in diesem Spiel der Agrarier ist die EU-Agrarreform. Wie und mit wie viel Geld sie kommt, ist derzeit nicht zu sagen. Das gilt ebenso für das heimische Umweltförderprogramm, mit dem bisher allzu große Ungleichheiten innerhalb Österreichs ausgeglichen wurden.
Dass man sich vor diesem Hintergrund zu nichts drängen lassen will, scheint verständlich. Dem neuen Bauernbundpräsidenten Jakob Auer ist nicht zu verdenken, wenn er sagt: „Da kommen ganz schwierige Aufgaben auf uns zu.“

Salzburger Nachrichten Wirtschaft / 18.01.2012

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