Donnerstag, 8. Dezember 2011

Jede Regierung hat die Opposition die sie verdient






Die Krise und die Bemühungen, sie irgendwie in den Griff zu bekommen, streben in diesen Tagen immer neuen Höhepunkten zu. Wie schon in anderen EU-Staaten, rückte nun auch bei uns die Rolle der Oppositionsparteien in den Fokus, als es darum ging für die Schuldenbremse eine Verfassungsmehrheit zu finden. Die Figur, die sie dabei machten ist, gelinde gesagt, alles andere als Vertrauen erweckend. Sie fügt sich aber nahtlos in das Bild, das auch die Regierung angesichts der Krise macht und man denkt nur Gott sei Dank spielen Österreichs Politiker nirgendwo an den internationalen Schaltstellen eine Rolle, wenn es darum geht, Euro, Europäische Union und Wirtschaft zu retten.
Ohne Idee, ohne Esprit und getragen von einem ordentlichen Schuss Realitätsverweigerung - was man der Regierung vorwirft, gilt noch viel mehr für die Opposition in diesem Land. Sie stellte sich in den vergangenen Wochen vollends bloß.
Dem BZÖ ging es um nichts anderes als politisches Kleingeld zu machen und das eigene Überleben und ein bisschen Bedeutung zu sichern. Ihr Parteichef Bucher versteht das mit intellektuellen Anstrich und großer Geste zu tun. Ob es für die Forstsetzung des politischen Lebens nach den nächsten Wahlen reicht, muss sich freilich erst weisen.
Die Grünen waren in den vergangenen Wochen, als es in ganz Europa immer heftiger krachte und auch Österreich in den Strudel der Finanzkrise geriet, vor allem damit beschäftigt, zu feiern und sich wegen ihrer 25-jährigen Präsenz im heimischen Parlament zu beweihräuchern. Krise? Euro? Budgetsanierung? Achja - "Eat the rich!", dann wird's schon wieder.
Und da ist da noch die FPÖ, die, geht es nach den jüngsten Umfragen, derzeit im Land sogar die Kanzlermehrheit hat. Schlimme, beschämende und regelrecht Angst machende Aussichten, wenn man allein hört, was HC Strache am vergangenen Wochenende bei einem Parteiveranstaltung in Tirol von sich gab. Für ihn, für den die Europäische Union der Grund allen Übels ist, sind Bemühungen wie der Rettungsschirm nichts als "ein einziger Belastungs- und Zwangsenteignungschirm", der Euro ohne Zukunft und längst ausgemachte Sache, dass Österreichs Triple AAA ohnehin perdu ist. Die Schuldenbremse? "Reiner Placeboeffekt". Seine Vorschläge zur Bewältigung der Krise sind nichts als verbale Kraftmeierei. "Zwei Währungssysteme", sagt er, und: "Die starken Volkswirtschaften müssen die Notbremse ziehen".
Freilich ist es für Oppostionsparteien legitim selbst so heikle Situationen, wie wir sie derzeit erleben, zur eigenen politischen Positionierung zu nutzen, sich zu profilieren und bei den Wählern Eindruck zu machen. Und das selbst mit Ansprüchen und Forderungen jenseits aller Realität, viele davon gestellt im sicheren Wissen, dass sie ohnehin nie umgesetzt werden und allenfalls nur gut klingen.
Warum nicht? Die Oppositionsparteien sollten nicht auf ihre Kontrollfunktion beschränkt werden, sondern mit ihrem Esprit und mit ihren Ideen so etwas wie das Salz im Eintopf der Politik der jeweils Regierenden ein.
Von den österreichischen Oppositionsparteien aber ist dennoch mehr Verantwortung einzufordern. Die Position als Opposition entschuldigt nicht verantwortungslose Vorschläge und populistische Rülpser. Sie entbindet auch nicht von der Pflicht mit möglichst guten Ideen und Vorschlägen zu Staatswohl beizutragen. Und sie ist keine Legitimation dafür, die Politik allein danach auszurichten, der Regierung möglichst maximal zu schaden.
Auch wenn die Regierungsparteien zuletzt immer heftiger lamentierten und Verantwortung einforderten, um die Opposition ins Schuldenbrems-Boot zu holen ist ihnen bei allem Verständnis entgegenzuhalten: Jede Regierung hat die Opposition, die sie verdient.
Mit Verantwortung, vor allem mit der Verantwortung, wie sie derzeit gefordert ist, haben auch die regierungsinternen Querelen und der Positionskämpfe innerhalb der der Regierungsparteien nichts zu tun.
Und mit politischer Kultur schon gar nichts. Die ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Österreich auf allen Seiten zur taktischen, nach Schlagzeilen schielenden Ränkespielen verkommen, geprägt von Eitelkeiten, geringer gegenseitiger Wertschätzung und oft erschütternd niedrigem Niveau.
In so heiklen Situationen, wie wir sie derzeit erleben, zahlen wir Staatsbürger die Zeche dafür.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 8. Dezember 2011

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