Freitag, 30. Dezember 2011

Geht nicht, gibt's nicht





"Nein", tönt es von allen Gipfeln und aus allen Tälern, aus allen Fernsehkanälen, aus den Parteizentralen und von den Stammtischen. "Wir bekennen uns natürlich zum Sparen, aber bei uns geht das nicht." Jeder sagt das. Die Bauern natürlich auch. Verständlich, stehen sie doch mitten im Steuer-Sperrfeuer von SP und Arbeiterkammer. Grundsteuer, Umwidmungsabgabe, Einheitswerte, Einkommensbesteuerung -und sogar von Traktorsteuern und Düngemittelabgabe wird geredet.
Auch wenn vieles von dem nicht mehr als heiße Luft ist, müssen die Bauern wohl oder übel lernen, dass ein Griff auch in ihre Brieftaschen angesichts der Nöte im Staatshaushalt nicht mehr sakrosankt ist.
Auf den Höfen spürt man den Ernst der Lage. Das ändert freilich nichts daran, dass man sich schwer tut, damit zurechtzukommen. Die Stimmung ist angesichts der immer neuen Begehrlichkeiten gereizt.
In manchen Regionen gehen bereits die Wogen hoch und die Gemüter laufen heiß. Obwohl noch gar nichts beschlossen ist, fühlen sich viele sich schon jetzt um die Zukunft betrogen und in der Vergangenheit an der Nase herumgeführt. Bauern wollen immerzu hören, wie hart es sie getroffen hat und wie sehr sie benachteiligt werden.
Allerorten hängt man an dem, was man seit Generationen kennt. Fördergelder und steuerliche Sonderstellungen werden längst wie Erbpachten betrachtet, unumstößlich und unabänderbar -übergeben von einer Generation auf die nächste. Selbst die Jungen stellen diesen Anspruch, weil sie es niemals anders kennengelernt haben. Ganz so, als wäre die Landwirtschaft unantastbar.
Mit Verlaub, und bei allem Verständnis für die Wut auf die SP, auf die Arbeiterkammer, aber auch auf Bauernbündler, die etwa für eine Abgabe bei der Umwidmung von Grünland auf Bauland Verständnis zeigen: Die Argumentation, mit der sich Bauern mitunter verteidigen, macht manchmal staunen. Immer wieder verblüfft es, wie schnell sich Menschen, die eben noch mit dem Brustton der Überzeugung selbstbewusst erklärten, Unternehmer und verantwortungsvolle Staatsbürger zu sein, in Not leidende Bittsteller an den öffentlichen Kassen verwandeln. Wie schnell sie ausblenden können, dass ihr Einkommen schon jetzt zu einem großen Teil aus öffentlichen Kassen kommt. Wie schnell sie mit den Fingern auf andere zeigen. Und wie sehr sie bei anderen wissen, wie es geht und was möglich ist, und wie wehleidig sie oft selbst sind.
Ob diese jetzt allerorten sichtbar werdende Hauruck-Haltung taugt, erträglich im Sinne der Bauern durch all die Diskussionen durchzukommen, darf bezweifelt werden. Erst recht, wenn es um die in den eigenen Reihen anstehende Diskussion über die Neu-Verteilung der EU-Mittel geht. Da drohen verbrannte Erde und tiefe Gräben.
Die Bauern werden vor große Herausforderungen gestellt. Wie jede Gesellschaftsgruppe in diesem Staat werden sie ihren Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen leisten müssen. Und auch die Verschiebungen der Geldflüsse innerhalb der Bauernschaft sind nur schwer zu vermeiden.
"Geht nicht' gibt 's nicht" gilt auch für die Bauern. Sie brauchen eine brauchbare persönliche Einstellung, um damit zurechtkommen zu können. Und sie brauchen eine brauchbare Strategie, mit den Einschnitten, die möglicherweise auf sie zukommen, umgehen zu können. Aufgabe der Politik freilich ist es, dafür zu sorgen und zu kämpfen, dass die Bauern nicht über Gebühr unter die Räder kommen und auf dem Budgetaltar geopfert werden. In den vergangenen Jahren ist das immer ganz gut gelungen.

Gmeiner meint - Blick ins Land 1/2012 30.12. 2011

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