Samstag, 19. November 2011

Schweinebauern stecken weiter in der Klemme





Die politische Debatte um die Haltung von Zuchtsauen ist festgefahren. Die Bauern wissen nicht, was auf sie zukommt.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Für Walter Lederhilger, Obmann der heimischen Schweinebauern, hat sich der Spaß aufgehört. „Was rund um das beabsichtigte Verbot der Ferkelschutzkörbe läuft, ist nicht mehr lustig.“ Seit Monaten mobilisieren Tierschützer gegen die Kastenstände, in denen Zuchtschweine in der Zeit der Besamung und der Geburt der Ferkel gehalten werden. Sie ketten sich an die Tore des Landwirtschaftsministeriums und stören Veranstaltungen von Ressortchef Nikolaus Berlakovich.

Die Bauern wiederum versuchen bei dem für Tierschutz zuständigen Gesundheitsminister Alois Stöger und bei Volksanwalt Peter Kostelka Gehör für ihre Anliegen zu finden. Auf politischer Ebene geht praktisch nichts weiter. Sah es im Sommer kurzfristig so aus, als hätten die Minister einen Weg gefunden, so ist man davon jetzt weiter entfernt denn je.

„Es gibt Gespräche, ob es eine Lösung geben und wie sie aussehen wird, ist aber offen“, heißt es im Gesundheitsministerium. Kompromissvorschläge der Bauern, die eine deutliche Verkürzung der Haltung in Ferkelschutzkörben vorsehen, wurden bisher nicht akzeptiert. „Dabei hätten wir damit hinter Schweden die zweitstrengsten Vorschriften in der EU“, sagt Lederhilger. Die Zeit drängt. Die Volksanwaltschaft, die in der nicht nur in Österreich, sondern in praktisch allen EU-Staaten und auch international üblichen Haltungsform für Zuchtsauen einen Missstand erkannte und eine Änderung verlangt, will höchstens bis zum Jahresende zuwarten. Dann will man den Verfassungsgerichtshof mit der Angelegenheit befassen.

Den Bauern brennt das Thema unter den Fingernägeln. Die Schweinezucht ist eines der Herzstücke der heimischen Landwirtschaft. Auf rund 10.000 Bauernhöfen werden 290.000 Zuchtsauen gehalten und jährlich fünf Millionen Ferkel erzeugt – genug um Österreich mit Schweinefleisch zu versorgen. Viele Schweinezüchter haben in den vergangenen Jahren ihre Stallungen noch vor Auslaufen der Übergangsfrist bis 2013 adaptiert oder neu gebaut. Sie fürchten um ihre Investitionen. Jene, die das noch nicht getan haben, wissen nicht, was auf sie zukommt. Die Stimmung unter der Bauern beschreibt Lederhilger als „katastrophal“, viele Züchter wollten aufgeben. „Wir verstehen nicht, dass man eine funktionierende Produktion, die geltendem EU-Recht entspricht, vorsätzlich untergraben will“, sagt der Vertreter der Schweinebauern. Damit werde die Selbstversorgung Österreichs gefährdet. „Mit einem Verbot schießen wir uns selbst aus dem Markt und wir Bauern müssen dann zuschauen, wie Großbetriebe aus Osteuropa das Fleisch liefern.“

Es wäre nicht das erste Mal für Österreichs Landwirtschaft, dass eine Vorreiterrolle nicht belohnt wird. Obwohl erst mit Ende dieses Jahres vorgeschrieben, haben die heimischen Eiererzeuger bereits 2009 von Käfig- auf Freiland- und Bodenhaltung der Hühner umgestellt. Auf dem Markt wurde das nicht honoriert. In Gastronomie und Industrie drücken nach wie vor billige Importeier aus Käfighaltung auf die Preise. Beim Treffen der EU-Landwirtschaftsminister am Montag wurde das Thema ebenfalls besprochen. Laut Berlakovich will die EU-Kommission gegen säumige Länder Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Österreich werde verstärkt kontrollieren.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 19. November 2011

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