Freitag, 4. November 2011

Ruf zur Ordnung





Das bäuerliche Führungspersonal sorgte in den vergangenen Wochen zuweilen für dicke Schlagzeilen. Das freilich nicht, weil so brillante Ideen für das Fortkommen der Landwirtschaft oder Erfolge in Sachen EU-Agrarreform zu bejubeln gewesen wären.
Nein, das nicht.
Der Bauernpräsident Grillitsch war es, der mit seinen Sarrazin-Eskapaden und Vorschlägen zur Ausländerpolitik für Aufsehen sorgte und Häme auf den Bauernbund zog. Und der Landwirtschaftsminister war es, der es wegen seiner teuren Eigenwerbung auf Steuerzahlerkosten zu einiger Medienprominenz brachte.
Dabei wäre von den beiden Herren und der heimischen Agrarpolitik insgesamt gerade angesichts der Agrarreform und Themen eine ganz andere Präsenz zu fordern.
Ist aber nicht. Und das hat wohl mit dem aktuellen Zustand in den Führungsetagen der heimischen Agrarpolitik zu tun.
Im Verhältnis zwischen dem Ministerium am Wiener Stubenring, der Landwirtschaftkammer Österreich in der Schauflergasse und dem Bauernbund in der Brucknerstraße ist, das pfeifen die Spatzen von den Dächern, Sand im Getriebe. Und das nicht zu wenig. Den Mitarbeitern in Ministerium, Kammern, anderen Agrareinrichtungen und Unternehmen, die in diesem Umfeld arbeiten müssen und wollen, steigen längst die Grausbirnen auf.
Allerorten Klagen, zuweilen solche, die ans Eingemachte gehen. Mit der gegenseitigen Wertschätzung scheint es nicht weit her zu sein, die Töne, die zu hören sind, sind mitunter deftig - wenn man denn überhaupt noch miteinander redet.
Nun ist die Politik ganz sicherlich kein Mädchenpensionat, aber so wie derzeit die Dinge liegen, zumal in einer für die Zukunft der heimischen Landwirtschaft so entscheidenden Phase, müssen sich die Bauern Sorgen machen.
Die Führung steht unter Druck. Was man vorzuweisen hat, ist wenig, das Umfeld zugegebenermaßen schwierig. Bei den Vorschlägen zur Agrarreform zeigte sich, dass Agrarkommissar Ciolos kaum auf Österreich hörte. Gar nicht zu reden vom Desaster rund um die Zuchtsauenhaltung.
Das "Eiserne Dreieck", das in der Vergangenheit immer hielt, wenn es galt, die Interessen der Landwirtschaft durchzusetzen, gibt es offenbar nicht mehr. Zumindest derzeit. Zumindest in den derzeitigen personellen Konstellationen.
Von außen ist es schwierig festzustellen, wo der Hund begraben liegt. Die meisten der Beteiligten zeigen mit dem Finger auf das Ministerium, respektive den Minister und sein Büro. Von Eitelkeiten ist die Rede, von Inkompetenz und von Unzuverlässigkeit. Vorgänge, wie der Anfang September angekündigte Stopp der Auszahlung der ÖPUL-Gelder, den der Minister dann innerhalb einer Stunde zurücknehmen musste, gelten als Beweis dafür.
Den Bauernbund isoliert und stigmatisiert sein Präsident. Nicht wenige verweigern längst das Gespräch mit ihm, viele schütteln den Kopf. Seine Ego-Trips nehmen immer seltener Rücksicht auf die Erfordernisse der Agrarpolitik und der Bauern, sondern scheinen seinen eigenen Karrierezielen zu dienen.
Die Landwirtschaftskammer steht, so scheint es, noch am wenigsten in Diskussion. Das hat aber weniger mit einer seriösen Arbeit zu tun, als mit der Zurückhaltung, die dort gepflogen wird.
Einigermaßen desillusionierend jedenfalls, wie sich die heimische Agrarpolitik derzeit präsentiert. "Bitte tut's was", möchte man ihnen zurufen. "Rauft's euch zusammen". Gerade jetzt brauchen die Bauern eine starke und gute Vertretung. Genau deswegen haben sie sie gewählt.

Blick ins Land - 4. November 2011

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