Sonntag, 2. Oktober 2011

Doppelbödiges Spiel mit den Bauern





Österreich rühmt sich gerne Musterland zu sein in Sachen Landwirtschaft. Umweltfreundlich, hohe Qualitäten und strenge Vorschriften ohne wenn und aber bis ins letzte Detail und in den letzten Winkel. Überall nur Gute, die nichts anderes als nach dem Guten trachten.
So weit die Theorie, das Bild, das alle, die mit dem Thema zu tun haben und damit Geschäfte machen, gerne in der Öffentlichkeit zeichnen. Und die Bauern als Mittelpunkt, denen man nur das Beste will.
Die Praxis ist oft eine andere. Da drängt sich zuweilen eher der Eindruck auf, man richtet sich die Landwirtschaft gerne wie man sie gerade braucht. Die Bauern können sich allenfalls gepflanzt fühlen und bestenfalls schmunzeln. Meistens bleibt ihnen nichts anderes, als sich zu ärgern.
Da werden die Wartezeiten für Pflanzenschutzmittel halbiert, damit die Industrie ihre Pläne umsetzen kann. Da wird mit Eiweißgehalten und Fallzahlen jongliert, dass der Verdacht nahe liegt, sie hätten weniger mit der Qualität von Getreide als mit der preislichen Situation zu tun. Und wenn das Fleisch hierzulande zu teuer ist muss man erfahren, dass nach Kräften importiert wird - freilich ohne dass sich in der Auslobung vom Typ "Heimische Qualität" irgend etwas ändert.
Alle spielen mit in diesem Spiel, die Verarbeiter etwa geradezu virtuos. Dank ihrer Labors und Versuchsküchen können sie längst auch aus minderwertigen Rohstoffen Produkte zaubern, die sich in nichts von der Ware unterscheidet, die aus hochwertigen Rohstoffen erzeugt wurde. Eine Semmel aus einem minderwertigem Weizen? Kein Problem. Eine Krakauer aus irgendeinem Fleisch, das gerade billig zu haben ist? Auch kein Problem.
Der Konsument merkt's nicht und die Bauern fühlen sich zum Narren gehalten."Immer das, wo man gerade gut ist, braucht man genau dann nicht, wenn man's hat", muss man sich in der Landwirtschaft ärgern.
Einen Klassiker liefern regelmäßig die Bäcker. Wenn der Getreidepreis hoch ist, nehmen sie das umgehend zum Anlass auch die Brotpreise zu erhöhen. Ist er niedrig, und sie wollen dennoch einen höheren Brotpreis, argumentieren sie mit Energie- und Lohnkosten. Der Verweis auf das billigere Getreide wird dann gerne vom Tisch gewischt - "der Getreidepreis spielt doch keine so wichtige Rolle".
Besonders fies und doppelbödig ist das Spiel des Handels mit den Bauern und der Landwirtschaft. Im Hochpreissegment rühmt man sich, alles für die heimische Landwirtschaft zu tun und lässt sich als Bauernförderer beklatschen, während man gleichzeitig und im selben Geschäft in der Diskontabteilung mit ewigen Dauertiefstpreisen das Preisniveau der Landwirtschaft ruiniert.
Und einen doppelten Boden hat auch das Spiel der Konsumenten mit der Landwirtschaft respektive derer, die sich zu ihrer Vertretung ernannt haben, der Arbeiterkämmerer. Sie kritisieren die Produktionsweise der heimischen Landwirtschaft, fordern aber gleichzeitig billige Produkte und verlangen gleichzeitig eine Verschärfung der Produktionsvorschriften - und haben keinen Genierer sich die Billig-Tomaten aus den Gemüseindustrieanlagen Spaniens, die Milch aus ostdeutschen Riesenställen und das Hendl aus dem Mastanlagen in Fernost in den Einkaufswagen zu legen.
Der Kampf der Bauern und ihrer Vertretung wirken diesen Entwicklungen gegenüber engagiert aber hilflos. Exemplarisch zeigt sich das an der Kastenstand-Frage. Allzuoft lässt man sich vorführen.
Das freilich kann man sich eigentlich nicht leisten.

Gmeiner meint - Blick ins Land 1. Oktober 2011

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