Donnerstag, 22. September 2011

Österreich ist international von der Rolle





O du mein Österreich! Welch tolle Tage waren das im Frühsommer - ein Kaiserbegräbnis. Mit allem drum und dran. Tagelang Schlagzeilen, Geschichten, Fernseh-Übertragungen, Analysen und Anekdoten. Seitenweise und stundenlang. Man konnte sich in vergangenen Zeiten weiden, man konnte sich wichtig fühlen, groß und bedeutend - ein Hauch von damals, als Österreich in der Welt noch etwas galt.
Man versteht es immer noch solche Ereignisse zu inszenieren und damit Bedeutung zu suggerieren. Der Realität entspricht das freilich längst nicht mehr. Denn in der ist Österreich von der internationalen politischen Landkarte so gut wie verschwunden. Und das nicht, weil wir keinen Kaiser mehr haben und weil wir nur mehr ein kleines Land sind.
Österreich hat sich mit Anlauf und Vorsatz und mit einer großen Portion Ungeschick selbst ins Aus gestellt. Der Politik, ja der Gesellschaft insgesamt, ist jede Weltläufigkeit abhanden gekommen. Internationales Engagement gilt heute nicht mehr viel. Längst hat man sich dem xenophoben Klima in diesem Land ergeben. Man will gar nicht mehr über den Tellerrand schauen, gar Verantwortung übernehmen. Man ist sich lieber selbst genug. "Weltberühmt in Österreich" reicht heute. Mehr will niemand.
Das Bild, das Österreich, zumal das politische Österreich, im Ausland abgibt, ist zum Erbarmen. Die letzten Monate lieferten Beispiele genug, die zuweilen an Peinlichkeit nicht zu überbieten waren. Da versetzte der Kanzler kurzfristig den polnischen Staatspräsidenten wegen eines privaten Termins. Da ließ die Justiz einen russischen Kriegsverbrecher laufen und machte Österreich zum internationalen Gespött, das sich mit Vorwürfen auseinandersetzen muss, wie Russlands Pudel gehandelt zu haben. Dann der unsägliche Wiener Gemeinderat, der sich in Libyen wichtig und Österreich lächerlich machte. Gar nicht zu reden vom Dilettantismus, mit dem die ehemalige Außenministerin Ursula Plassnik als Kandidatin für den OECD-Vorsitz und Franz Fischler mit seinen Avancen FAO-Chef zu werden, scheiterten. Und das alles ganz abgesehen davon, dass das Land von einem Kanzler regiert wird, der sich lange sträubte überhaupt nach Brüssel zu fahre und in dem der Außenminister wenig Verve an den Tag legt ein ernst zunehmendes Gegenstück dazu zu geben, sondern sich der Beschäftigung mit seiner Partei hingibt.
Dabei ist da von dem Bild, das das politische Österreich derzeit bietet, noch gar nicht die Rede.
Die Folgen sind beschämend.
Österreich ist international von der Rolle. Weltweit sowieso, aber auch innerhalb der EU. Kein Wunder ist da, dass Österreich samt seinen Politikern längst zu den Leichtgewichten zählt. Bei den großen Themen hat man wenig zu melden. Auch wenn man das daheim mitunter gerne ganz anders darstellt. Man ist Mitläufer - im besten Fall.
Praktisch nichts mehr von dem ist mehr da, was in den vergangenen Jahrzehnten Österreich zu einem wichtigen Drehpunkt in der internationalen Politik machte.
Wien ist zwar noch Sitz einiger UN-Organisationen und anderer internationalen Einrichtungen. Aber längst trifft sich die internationale Politik nicht mehr in Wien oder in Österreich. Und Rat sucht bei einem österreichischen Politiker schon lange niemand mehr.
Das legendäre Treffen Kennedys mit Chrustschow, die Proteste gegen Nixon in Salzburg, Präsident Fords Stolperer aus dem Flugzeug waren nicht nur internationale Ereignisse. Sie streichelten damals auch die österreichische Seele und gaben der Nation Gelegenheit, daran ihr Selbstbewusstsein aufzurichten. Österreich war Drehscheibe der internationalen Politik.
Österreich war wer. Diese Zeiten sind heute vorbei.
Damals, beim EU-Beitritt, und erst recht, als es um die Osterweiterung ging, war viel die Rede von der neuen Rolle Österreichs in Europa. Daraus ist nichts geworden. Nicht nur das. Das Land weiter entfernt davon denn je.
Ohne Folgen sind all der Dilettantismus, die Peinlichkeiten und das Desinteresse nicht. Statt internationale Politik auch im eigenen Interesse mitzugestalten, bleibt man Passagier. Und das nicht in der Business-Class, sondern in der Holzklasse.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung 22. September 2011

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