Dienstag, 16. August 2011

Bauernsterben drückt Produktion





Das Bauernsterben ist nicht nur in Randlagen ein Thema. Am stärksten grassiert es in den guten Agrargebieten.


HANS GMEINER Salzburg SN. Die Zahl der Schweinebauern hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 80.000 auf 40.000 halbiert. Nun fürchtet man, dass wegen neuer Vorschriften bei der Zuchtsauenhaltung weitere Tausende Bauern aufhören. Bei den Milchbauern ist der Rückgang um nichts schwächer. Und im Ackerbau auch nicht. In den getreidestarken Agrargebieten im Osten Österreichs hat seit dem EU-Beitritt 1995 jeder zweite Bauer aufgehört – wesentlich mehr als in Bergregionen.
Der Strukturwandel hinterlässt seit Jahren tiefe Spuren in der österreichischen Landwirtschaft. Die Arbeit auf den Bauernhöfen, das niedrige Preisniveau und der verschärfte Wettbewerb boten zu wenig Perspektiven. Jeder vierte Bauer sperrte im letzten Jahrzehnt Hof- und Stalltür für immer zu.

Das Bild des Strukturwandels in der Landwirtschaft ist differenziert. Bemerkenswert ist, dass in den östlichen Kernregionen der österreichischen Landwirtschaft mit ihren vergleichsweise großen Betrieben der Wandel deutlich stärker war als im Westen, wo die Produktionsbedingungen schwieriger sind. Das spiegelt sich auch im Vergleich der Produktionssparten wider. Bei den sogenannten Marktfruchtbetrieben waren die Veränderungen in den vergangenen 20 Jahren deutlich stärker als in der tierischen Produktion.

Weil der Strukturwandel längst die Kernbereiche der Bauernschaft erreicht hat, geht in zentralen Sparten wie der Schweineproduktion oder der Eiererzeugung die Gesamtproduktion und damit der Selbstversorgungsgrad zurück. Aber nicht nur das. Vor allem in den Berggebieten der westlichen Bundesländern wird das Verschwinden von Agrarflächen zu einem immer wichtigeren Thema. „Wird dort ein Betrieb aufgegeben, wird oft auch die Fläche sich selbst überlassen“, sagt Rupert Huber von der Landwirtschaftskammer Österreich.

Der Trend wird sich weiter fortsetzen, glauben Experten wie Leopold Kirner von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft. „Der Strukturwandel ist ein linearer Prozess“, sagt er im SN-Gespräch. Und er ist vielschichtig. „Es sind nicht unmittelbar agrarpolitische Einflüsse.“ Manchmal seien die Rahmenbedingungen auch nur vorgeschoben. „Wenn die Agrarpolitik so schlecht wäre, müssten alle aufhören.“

Von heute auf morgen sperrt niemand einen Hof zu. „Der Entschluss zum Aufhören fällt meist dann, wenn ein Generationswechsel ansteht“, sagt Kirner, das sei „eine multifunktionale Angelegenheit“. Wichtigste Gründe: Arbeitsüberlastung, Alter, fehlende Hofnachfolge, mangelnde Investitionen und angespannte wirtschaftliche Situation. „Da entsteht eine Spirale nach unten.“ Erst recht, wenn es an der Betriebsgröße fehle. Kirner: „Die Größe erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Hofnachfolge und die Weiterführung des Betriebs.“ Da freilich sind die Voraussetzungen auf heimischen Bauernhöfen nur selten gut. Die Durchschnittsgröße eines heimischen Agrarbetriebs liegt bei nicht einmal 20 Hektar. Damit rangiert Österreich im EU-Vergleich im letzten Drittel.

Salzburger Nachrichten 16. August 2011

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