Samstag, 25. Juni 2011

"Wir arbeiten dafür, dass was weitergeht“






Oberösterreich feierte am Fronleichnamstag im Linzer Volksgarten ein "Fest der Natur“. Biobauernmarkt, Showprogramm, Ponyreiten und freier Eintritt. Feine Sache. Ganzseitige Inserate. Die freilich ohne irgendeinen Bezug zur Natur, sondern groß, mittig und dominierend mit dem Gesicht eines jungen Mannes, den man in Oberösterreich kennt - das des Naturschutz-Landesrates Haimbuchner von den Freiheitlichen, unter dessen Fittichen das Ereignis offensichtlich lief und der sich mit der finanziellen Unterstützung aus der Landeskassa gleich das Recht nahm, sich groß affichieren zu lassen. Wohl, und da geht man kaum fehl in der Annahme, nicht im alleinigen Interesse der Veranstaltung.

Die Finanzministerin machte es dieser Tage nicht anders. Bezahlt vom Finanzministerium, lächelt sie unter dem Titel "Einfacher zum Pflegegeld, schnellere Betreuung“ in Inseraten kämpferisch gegen ihr Herzlos-Image an und verspricht:"Wir arbeiten dafür, dass was weitergeht. Gemeinsam. Für Sie. Für Österreich“.

Der Herr Landwirtschaftsminister hat zumindest in solchen Dingen schnell von seinem Vorgänger gelernt und lobt gerne und häufig jede seiner Ideen großflächig in Tages- und Agrarmedien aus.

Gar nicht zu reden von den zahllosen Inserat-Strecken, mit denen Faymann, Häupl und Co viele Gazetten am Leben und sich in der Gunst der Schreiber und ihrer Untertanen zu halten versuchten und versuchen.

Alle tun es. Jeder greift gerne in die öffentlichen Schatullen, als gehörten sie ihm, um sich zu präsentieren und zu loben. Keinerlei Grenzen scheint es zu geben. Warum sie es tun, mag ja noch nachvollziehbar sein. Dass sie es tun, ist es definitiv nicht.

Es ist zuweilen beklemmend, wie sehr Politiker unser Leben durchdringen und wie sehr sie in unser Leben eindringen. In Kindergärten tätscheln sie fotogerecht Kinderköpfe, an Kreisverkehren durchschneiden sie Bänder, bei Vereinsjubiläen lassen sie sich huldigen und bei runden Geburtstagen kommen sie gar ins Haus. Sie begegnen einem in allen möglichen und - das noch häufiger - unmöglichen Situationen. Warum nur? Und mit welchem Recht?

"Was erlauben Strunz!“, hat Fußballtrainer Giovanni Trapattoni seinerzeit furios gewettert, als die Millionentruppe von Bayern München, die er damals trainierte, wieder einmal hochmütig versagte. "Was erlauben Politiker?“ denkt man in Anlehnung daran, wenn man, um nur ein Beispiel zu nennen, einer Sendung wie "Bundesland heute“ im ORF folgt. Manche Landeshauptleute könnten dort gleich als Moderatoren auftreten, so häufig sind sie im Bild, bei jedem auch noch so kleinen Polit-Beitrag dürfen artig Vertreter aller Landtagsparteien ihr G‘satzl aufsagen. Im Radio ist es nicht anders. Ein Buckel da, ein Buckel dort. Herr Landeshauptmann, was sagen sie? Wie ist ihr Meinung, Frau Abgeordnete?

Wenn das nur alles wäre. Wer in Oberösterreich - und in anderen Ländern wird es kaum anders sein - um eine Landesförderung für eine Pelletsheizung ansuchte, bekam im Vorjahr einen von nicht weniger als drei Landesräten persönlich unterschriebenen Brief, in dem jeder auf seine Verdienste hinwies - ganz so, als ob sie aus ihren privaten Taschen zusammenlegten, um die Stube des Untertans zu wärmen.

Ein Job für die Tochter? Eine Wohnung? Ein Problem mit der Behörde? Eine Intervention da? Ein kurzer Anruf dort? Der Politiker macht‘s nicht nur, er hat dabei zumeist auch Erfolg. Das System funktioniert - wenn schon nicht in den großen, den Staat und das Gemeinwohl betreffenden und vielfach so drängenden Dingen, so doch in diesen kleinen, mit denen man schnell punkten kann.

Die Politiker haben das Land in der Hand. Viele von ihnen haben es freilich in einer Art und Weise in die Hand genommen, wie es ihnen nicht zusteht - omnipräsent, alles bestimmend und mitunter in jede Ritze noch so privaten Lebens kriechend. Sie haben es freilich auch in einer Art und Weise in die Hand gegeben bekommen, die wohl nur in Österreich mit seinem schizophrenen Verhältnis zu Obrigkeiten möglich ist.

Denn, dass sie immer in der ersten Reihe sitzen, ist ihnen am wenigsten vorzuwerfen. Dass sie diese Geste der Freundlichkeit allzu oft als Zeichen ihrer Position verstehen, freilich schon. Das aber scheint hierzulande schon keinem mehr aufzufallen.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung 22. Juni 2011

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