Samstag, 28. Mai 2011

Machtkampf um Zukunft der Bauern




Die EU-Bauerngelder sind künftig nicht für die gesamte Budgetperiode gesichert.

HANS GMEINER Brüssel (SN). 64 Jahre alt ist Albert Deß, Landwirt und Molkereichef in Röckersbühl in der Oberpfalz in Bayern. CSU-Urgestein mit bewegter Vergangenheit, unkonventionell. Für die gut 650 Kilometer ins Europaparlament in Brüssel, wo er die CSU vertritt, nimmt er gerne eines seiner Motorräder. Dort hatte Deß in dieser Woche seine große Stunde. Mit klarer Mehrheit verabschiedete der Agrarausschuss die nach ihm benannte Stellungnahme des EU-Parlaments zu den Agrarreformplänen der EU-Kommission. Und die enthält nicht nur Zustimmung zu den Plänen von Agrarkommissar Dacian Ciolos.

Vor allem ging es Deß und seinen Parlamentariern um eine klare Trennung zwischen Agrarförderung und Umweltmaßnahmen. „Maßnahmen in der ersten Säule, der Agrarförderung aus Brüssel, dürfen nicht zur Benachteiligung bisheriger Agrar-Umweltmaßnahmen führen“, schrieb Deß fest. Abgelehnt ist damit auch, dass die Bergbauernförderung in die erste Säule kommt, was Österreichs Agrarpolitik auf den Kopf gestellt hätte.

In Österreich freut man sich über den Deß-Erfolg, stützt er doch Österreichs Positionen. Was er wert ist, muss sich freilich noch zeigen. Denn der Bericht ist erst der Auftakt zur ersten großen Auseinandersetzung der EU-Kommission mit dem EU-Parlament in der Agrarpolitik, das mit dem Lissabon-Vertrag deutlich mehr Mitspracherecht bekam und es auch nutzen will. Aus dem Mund von Deß klingt das so: „Ciolos kann rechtlich gesehen vorschlagen, was er mag, aber er wäre schlecht beraten, zu einem Bericht, der mit großer Mehrheit vom Parlament angenommen wurde, das Gegenteil vorzuschlagen, dann fällt er auf die Schnauze.“

Der Agrarkommissar freilich zeigte sich bisher wenig beeindruckt. „Ich habe nicht gemerkt, dass er zu großen Kompromissen bereit wäre“, musste selbst Deß erkennen.

Aber nicht nur das macht vor allem für die Bauern so unabwägbar, was die Agrarreform wirklich bringt. „Bevor wir nicht wissen, wie viel Geld es geben wird, kann man überhaupt nichts sagen“, heißt es in Brüssel in allen beteiligten Institutionen. Nicht nachvollziehen kann und will man jedenfalls die in Österreich sogar von Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich kolportierten möglichen Förderkürzungen von 25 Prozent. Konkreter ist da schon ein anderes Szenario, das die Bauern als noch bedrohlicher empfinden könnten. Anders als derzeit, da die EU-Agrargelder für die gesamte Budgetperiode bis 2013 außer Streit gestellt sind, steht in Hinkunft das Agrarbudget der EU jedes Jahr auf dem Prüfstand. „Wenn einmal die Preise für die Bauern steigen, wird Druck kommen, die Gelder zu kürzen“, befürchtet Deß.


Salzburger Nachrichtern Wirtschaft / 28.05.2011

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