Sonntag, 1. Mai 2011

Ein personifiziertes Missverständnis





Er sollte wohl ein Signal an die Jugend sein. Ob die ÖVP mit dem blutjungen Staatsekretär Sebastian Kurz glücklich wird, muss sich erst weisen. Und ob er wirklich ein Signal für die Jugend ist erst recht. Viel eher ist er ein Beispiel dafür, wie sich die Politik im Umgang mit der Jugend schwer tut. Denn jung ist Kurz vielleicht an Jahren, ganz sicher nicht im Habitus. "Er vertritt in seinem Erscheinungsbild nicht die Jugend", sagte denn auch ein Soziologe, der gebeten wurde, ihn zu beschrieben. Es ist ihm recht zu geben. Wie ein jugendlicher Mensch, wie man ihn landläufig versteht, wirkt er in der Tat nicht. Viel eher kommt der neue Staatssekretär daher wie das personifizierte Missverständnis, dem Parteien wie die VP in ihrem Verhältnis zur Jugend aufsitzen.
Die Schwarzen sind nicht alleine damit. Auch andere Parteien tun sich schwer mit jungen Leuten. Die Sozialdemokraten haben mit Laura Rudas schon vor Jahren auf einen ähnlichen Typus wie Kurz gesetzt und damit ihre liebe Not bei der Jugend. Weil auch die Grünen nichts zu bieten haben hat Strache leichtes Spiel. Und er spielt es bravourös. So bravourös, dass den anderen Parteien eigentlich Angst und bange werden müsste. Bei den unter 30-jährigen liegt der FP-Chef in allen Umfragen um Lichtjahre vor der politischen Konkurrenz.
Wenn stimmt, dass die Jugend die Zukunft ist, und daran ist nicht zu zweifeln, dann müssen sich Parteien wie die ÖVP, die SPÖ und Grünen etwas einfallen lassen. Dringend. Sonst geht die Zukunft - und damit Österreich - wohl in eine einschlägige Richtung.
Vor allem die bislang als groß geltenden Parteien haben sich in den vergangenen Jahren ungehemmt und ungeniert von den jungen Menschen entfernt. Die verquere Sprache der Politik, in der kaum ein Wort für bare Münze zu nehmen ist, die zahllosen leeren Versprechungen, die Unschlüssigkeit und die hohle Anbiederung stößt viele ab. Sie haben genug vom glatt gefönten Mainstream und von so weichgespülten wie lauen Argumentationen.
Was in den vergangenen Jahrzehnten schon nicht taugte, taugt jetzt gar nichts mehr. Junge Menschen für die eigenen politischen Zwecke zu missbrauchen, statt ihnen zuzuhören und sie für voll zu nehmen, führte in die Sackgasse. Die Sonntagsreden, die schon am Montag vergessen waren, interessierten immer weniger. Übrig blieben schwarze, rote, grüne Apparatschiks, die vor allem ihre eigene Karriere im Auge hatten. Kein Wunder, dass sich da jeder, dessen politisches Interesse ernsthaft war, rasch abwandte.
Die Jungen wollen akzeptiert werden mit ihren Ansprüchen, ihren Vorstellungen und ihren Wünschen. Sie werden gegängelt von Jugendorganisationen, die lediglich Wählerstimmen rekrtieren wollen und ihren Zweck zuweilen als Veranstalter von Partys und Gelagen missverstehen.
Mehr Platz wird ihnen oft freilich nicht gelassen. Die Neugebauers und Blechas dieses Landes, die Grassers und Strassers und wie sie alle heißen, haben die Erde verbrannt, auf der die Saat für die Jugend aufgehen sollte. Immer das Herumgeschiebe und -gestreite an den großen Themen wie Bildung, Budget, Sozial- und Pensionsssystem, von denen jeder weiß, dass etwas geschehen muss und bei denen sich alle mit großer Lust und wenig Ernsthaftigkeit dennoch gegenseitig blockieren.
Wie in diesem Land Politik gemacht wird, stößt die jungen Menschen ab. Wie die Politiker miteinander umgehen, ebenso. Die Jungen haben nicht mehr den Langmut der älteren Generation. Sie wollen klare Ansagen, nachvollziehbare Entscheidungen und nicht diese unendliche Kette hohler Ankündigungen und leerer Versprechungen. Dem will niemand mehr zuschauen und dafür will sich niemand mehr hergeben. Verständlich.
In den vergangenen Tagen wurde wieder viel versprochen. Von einem neuen Stil war die Rede. Ab jetzt soll alles anders werden und so. Man möchte es so gerne glauben, wie man glauben möchte, dass der junge Staatssekretär tatsächlich jung ist.
Und man aber das Gefühl nicht los, dass man Wetten darauf wohl verlieren würde.

"Meine Meinung" - Raiffeisenzeitung - 28. April 2011

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