Montag, 7. März 2011

Zwischen Hurra-Bauernherrlichkeit und Depression





Es tat richtig gut. Erntearbeit. Dem jungen Bauern war von Weitem anzumerken, dass ihm die Arbeit auf dem Feld auch um sechs Uhr morgens Freude machte. Die junge Bäuerin stellte sich, ganz wie es sich gehört, freundlich mit Vor- und Zunamen vor. Man plauderte über dies und das und natürlich auch über die Landwirtschaft. Aber da war kein klagender Unterton dabei, kein Jammern, kein Vorwurf an die Politik. Kein albernes Herumreden, nichts von „mir san mir“ und Hurra-Bauerntum oder gar beleidigter Bauernherrlichkeit. Nichts von dem, was schnell als Standesdünkel empfunden wird - und dennoch durch und durch selbstbewusste junge Bauersleute.

Er macht den Hof im Nebenerwerb, sie hat eine HBLA absolviert. Zwei, die mit ihrer jungen Familie mitten im Leben stehen und die Landwirtschaft offensichtlich als das nehmen, was sie ist und sich nicht mit dem belasten, was sein könnte, sollte, müsste.

Solche Leute fallen auf in der österreichischen Bauernschaft. Immer noch. Dass sie das tun, sollte zum Nachdenken geben. Den anderen Bauern, den jungen wie den alten, den Vätern, den Müttern, den Schwiegervätern und den Schwiegermüttern, die es sich selbst und ihren Kindern oft allzu schwer machen, weil sie oft Vorstellungen und Wünschen nachhängen, die nichts anderes bringen, als Verbitterung.

Nörgeln von früh bis spät gehört allzu oft zum guten Ton auf den Bauernhöfen. Mit dem Schicksal hadern, voller Neid auf andere schauen, alles und jeden, und sei er auch noch so weit weg, für etwas verantwortlich machen, was einem selbst nicht gelingen mag. Oft fragt man sich: Muss das wirklich sein?

Nach wie vor scheinen viele Bauern nicht nur große Probleme damit zu haben, sich mit den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen und den sich rasch ändernden Ansprüchen zurechtzufinden – auch mit dem gesellschaftlichen und politischen Wandel, mit der Verschiebung von Werten und Schwerpunkten zurechtzukommen fällt mitunter schwer.

Längst brachte das die bäuerliche Kultur insgesamt unter Druck. Das zeigt sich oft alleine darin, wie schwierig es ist, bäuerlichen Nachwuchs für die Politik zu finden, wie oft Unverständnis auch innerhalb von Bauernfamilien die Antwort des Nachwuchses auf vermeintlich bäuerliche Anliegen ist wie groß oft die Schwierigkeiten zuweilen sind, die Nachfolge für den Hof zu regeln.

Die Probleme mit dem Selbstverständnis als Bauern, mit dem Platz der bäuerlichen Kultur, äußern sich bei den einen als ständiger Frust bis zur Selbstaufgabe, bei den anderen zuweilen in der Überbetonung dessen, von dem sie meinen, es habe dereinst den ganzen Bauernstolz ausgemacht - Dirndl, Trachtenanzug, Lederhosen, Volkstanzen und Brauchtumspflege.

Beiden Seiten der Medaille haftet der Geruch der Untauglichkeit an, mit den Anforderungen wirklich fertig zu werden.

Der Politik ist dazu noch nicht wirklich viel eingefallen. Immerhin, es gibt beeindruckende Initiativen, aber kaum mehr.

Leider, muss man sagen. Denn der Druck wächst, den Platz in der Gesellschaft zu finden.

Leichter täten sich die Bauern freilich schon, wenn auch das wirtschaftliche Umfeld passen würde. Das aber wird wohl kaum besser.

Darüber kann man klagen, keine Frage. Mehr Sinn macht es wohl alles daran zu setzen, mit der neuen Situation zurecht zu kommen und seine Position zu finden. Im wirtschaftlichen Umfeld, im gesellschaftlichen Umfeld und mit der bäuerlichen Kultur.

Blick ins Land 7. März 2011

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