Dienstag, 5. Oktober 2010

Wer gibt den Bauern Kraft für die Zukunft?





Selten hatte die Landwirtschaft so viele Schlagzeilen wie in den vergangenen Wochen. Mit den Agrargeldern für Wirtschaftsbosse, Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie und Agrarfunktionäre ließen sich vortrefflich politische Ränke schmieden. Und fertig war der perfekte Sommer-Mulatschag mit den Bauern mitten drin im politischen Hickhack.

Alles aus Sorge um die Bauern? Mitnichten. Denn von der Situation der Landwirtschaft, von Vorschlägen gar, wie die Bauern aus einer Dauerkrise in eine tragfähige Zukunft geführt werden könnten, war kaum die Rede.

Keine Frage, dass es im Agrarsystem reichlich Reformbedarf gibt. Das darf aber nicht den Blick auf die wirklichen Probleme der Landwirtschaft verstellen. Die können nämlich nicht nur mit Förder-Kürzungen für ein paar Superreiche bewältigt werden.

Darunter leidet die österreichische Landwirtschaft nicht wirklich. Die Themen sind andere: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, kleine Strukturen, schlechte Einkommen.

Die Bewirtschaftung von Stall, Feldern und Wäldern ist in Wahrheit längst ein Nullsummenspiel geworden. Mit den Erlösen für Milch, Fleisch oder Getreide sind gerade einmal die Produktionskosten zu decken. Als Einkommen und damit zum Leben bleibt meist nicht viel mehr als das, was die öffentliche Hand an Ausgleichszahlungen gibt. In den 19.000 Euro, die einem Bauern im Schnitt im Vorjahr blieben, steckten 18.000 Euro an öffentlichen Geldern.

Bei kleinen Betrieben ist laut Grünem Bericht das Verhältnis noch alarmierender. Durch die Bank gehen da sogar auch noch Fördergelder verloren. Im Klartext: Für sie wäre es günstiger das Geld zu nehmen und nichts zu tun. Dann bliebe ihnen mehr. Mit Verteilungsgerechtigkeit hat das nichts zu tun.

Angesichts solcher Relationen kann man – Leistungen für Umwelt hin, für Landschaft her - nur mehr fragen: Was hat man bloß aus der Landwirtschaft, was hat man aus den Bauern gemacht? Eine ganze Branche am Tropf? Angewiesen auf den guten Willen der Politik und hilflos?

Im Argumentationsgetümmel der vergangenen Wochen fragte das aber niemand. Die Gründe für diesen Zustand, oder Strategien gar, wie man den Bauern jedweder Größe wieder Kraft für eine tragfähige Eigenständigkeit geben kann, sind kein Thema. Geredet wird praktisch nur mehr über Förderungen.

Ausgerechnet die Partei jener, denen die Lebensmittel nicht billig genug sein können und die damit mit dazu betrugen vor allem die kleinen Bauern chancenlos zu machen, versucht sich zu deren Sprecher aufzuschwingen. Umverteilung klingt gut. Dass dadurch Strukturen einzementiert werden, die Wettbewerbsfähigkeit kaum gefördert und in der Substanz für die Landwirtschaft nichts geschähe, spielt da keine Rolle - und schon gar nicht, dass sich die Abhängigkeit des einzelnen Bauern von öffentlichen Geldern noch weiter vergrößern würde.

Die anderen sind kaum besser. Auch sie, hört man den Funktionären bis hinauf zum Minister zu, haben nur die Förderungen und deren Absicherung im Visier.
Keine Frage, derzeit kann die Landwirtschaft ohne Förderungen nicht leben. Das ist aber kein Grund, Agrarpolitik nur mehr über Förderungen und deren Verteilung zu definieren. Für keine Seite. Auch nicht für die Bauern.

Agrarprobleme mit Geld und noch mehr Geld zu lösen, funktionierte vielleicht bisher. Sich darauf auch in Zukunft zu verlassen, geht wohl ins Auge, denn damit ist angesichts der anstehenden Sparpakete und der EU-Agrarreform nun aber wohl Schluss.

Blick ins Land Oktober/2010

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