Freitag, 29. Oktober 2010

Trau, schau – aber wem?





Von neuen Lösungen für die Vermarktung von Biogetreide, wie sie nach der Fast-Pleite der Agentur für Biogetreide im Sommer angekündigt wurden, ist einstweilen wenig zu sehen.

Die Politik hat sich wieder verkrümelt. Der Bundesverband Bio Austria, die RWA und der ewige Engelbert Sperl mit seiner agricultura und der flugs aus dem Hut gezauberten Bio-Qualitätsgetreide GmbH basteln mehr neben- als miteinander an Lösungen. Bio Austria Niederösterreich und Burgenland wissen nicht, wo sie ihr Ei hinlegen sollen. Andreas Kocourek ist dem Vernehmen nach trotz Vorstrafe und Fast-Pleite mit der Agentur immer noch eine Zentralfigur der Szene. Und Ja!natürlich, Crop Control und Pinczker werden, ganz brav und artig, nicht müde zu betonen: „Aber wir haben den vollen Preis gezahlt“.

Kurzum - es geht rund aber nichts weiter.

Viele Bauern aber haben immer noch kein Geld.

Kein Wunder, dass manchen der Kragen platzt. Sie wollen nicht akzeptieren, dass die Agentur auf ihrem Rücken saniert wird und sie auf Geld verzichten sollen. Nach Angaben der nö. Zeitung MeinBezirk haben einige Landwirte die Agentur inzwischen geklagt.

Was in den letzten Wochen ruchbar geworden ist, macht ihre Wut wohl nicht kleiner. Prominente Vertreter von Bio Austria Niederösterreich und Burgenland (beide Organisationen sind Teilhaber der Agentur) sowie der Agentur selbst sollen schon im Vorjahr nicht nur an die Agentur geliefert haben. Glückliche Fügung? Für sie jedenfalls lohnte sich das Fremdgehen, haben sie doch ihr Geld in der Tasche.

Dazu gehört etwa Gerhard Hof, Vorstandsmitglied von Bio Austria Niederösterreich. Ausgerechnet seine Aufgabe in den vergangenen Monaten war, die um ihr Geld bangenden Agentur-Lieferanten von einem Forderungsverzicht zu überzeugen. Dabei belieferte er offenbar schon im Vorjahr den „zurück zum Ursprung“-Exklusiv-Lieferanten agricultura. Auf der Homepage von „zurück zum Ursprung“ jedenfalls wird er unter der Chargennummer 18.06.2010 S als einer der Getreide-Lieferanten für „Feine Bio-Semmeln“ genannt.

Auf der „Zurück zum Ursprung“-Liste steht auch Josef Strommer, in der Hierarchie der Agentur für Biogetreide gleich hinter Andreas Kocourek und für Information, Kommunikation und Qualitätssicherung zuständig. Er ist als Getreidelieferant für den „Sesam Bio-Kornspitz“ angeführt. Trotz der Chargennummer 03.10.2010 L gehen Branchenkenner davon aus, dass es sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um Getreide aus der Ernte 2009 handelt.

Und als ob das nicht schon genug wäre, stellte sich nun heraus, dass Engelbert Sperl und Josef Weghaupt (letzterer war bis Juni Geschäftsführer der Agentur und ist jetzt wieder einfacher Mitarbeiter) bereits Im November 2009 und im März 2010 gemeinsam Unternehmen gründeten – die Joseph-Brot GmbH in Wien und die Bio Troad Bäckerei GmbH in Vitis. Diese Firmengründungen sind nicht nur was Weghaupt als Person anlangt bemerkenswert, sondern auch – im Hinblick auf die späteren Bemühungen Sperls die Agentur-Bauern aufzufangen - was den Zeitpunkt betrifft, zu dem sie geschahen.

Sei es wie es sei. Da passt auch, dass der 30-Prozent-Eigentümer der Agentur für Bio-Getreide bei einer Versammlung unwidersprochen ließ, dass er, als er vorübergehend nicht Geschäftsführer des Unternehmens war, als Konsulent angeblich bis zu 200.000 Euro im Jahr verdiente. Das wären fast 17.000 Euro pro Monat – viel Geld dafür, dass jetzt so viele Bauern durch die Finger schauen müssen.

Blick ins Land - 1.November 2010

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Bauern am falschen Fuß erwischt




Die Sparmaßnahmen treffen die Bauern weniger im Agrarbereich als in der Sozialversicherung ins Mark.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Nach den Budgetverhandlungen war Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich erleichtert. „Die Bauerneinkommen bleiben unangetastet“, sagte er. Die EU-Förderungen seien wegen des Einkommensminus von 28 Prozent im Vorjahr nicht in die Berechnungsbasis einbezogen worden, statt 505 Mill. Euro müsse sein Ressort daher im Bereich Landwirtschaft in den nächsten vier Jahren nur 203 Mill. Euro einsparen, in die aktuellen Förderprogramme für die Bauern müsse er nicht eingreifen und auch die Vergütung für Agrardiesel bleibe erhalten.

Nun lichten sich freilich die Nebel und es zeigt sich, dass die Aussage des Ministers nur zum Teil stimmt, weil nicht allein die Förderprogramme die Einkommen der Bauern bestimmen. Durch die Hintertür und nicht über sein Ressort, sondern über das Sozialministerium werden die Bauern nämlich in Form von Erhöhungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen zur Kasse gebeten. Was da auf sie zukommt, frisst einen Gutteil der Mittel, die man eingespart zu haben glaubte, wieder auf. Und vor allem: Die in diesem Bereich geplanten Kürzungen der Budgetmittel wirken sich zum Teil direkt auf die Einkommen aus.

Insgesamt geht es in den kommenden vier Jahren in der Sozialversicherung der Bauern um rund 260 Mill. Euro und damit um deutlich mehr als im Agrarbudget an sich. Aufgebracht werden muss dieses Geld in Form höherer Beiträge, Umstrukturierungen, Einsparungen und Leistungsanspassungen.

Fix ist bereits jetzt die stufenweise Anhebung des Beitragssatzes in der Pensionsversicherung von derzeit 15 um jährlich 0,25 Prozentpunkte auf auf 16 Prozent. In Summe macht das 60 Mill. Euro, die die Bauern aus der eigenen Tasche zusätzlich aufbringen müssen. Mindestens 86 Mill. Euro macht die für drei Jahre beabsichtigte Senkung des Hebesatzes in der Krankenversicherung aus. Und zumindest 113 Mill. Euro fehlen in den kommenden vier Jahren in der bäuerlichen Unfallversicherung. Dort soll der Beitrag des Bundes ab 2011 ersatzlos gestrichen werden. Abgesehen von der Erhöhung der Beiträge in der Pensionsversicherung ist noch nicht klar, was in den beiden anderen Sparten auf die Bauern zukommt. Dort kann man zumindest für einige Zeit über die Auflösung von Rücklagen die Abgänge ausgleichen.

Aber auch abseits der Sozialversicherung werden die Budgeteinsparungen im Agrarressort deutliche Spuren hinterlassen. Gespart wird vor allem im Bereich der Ländlichen Entwicklung. Während die Gelder für die Bauern aus diesem Topf (hauptsächlich Bergbauern-, Umwelt- und Investförderung) unangetastet bleiben, will man in Bereichen wie Dorferneuerung, Marketingprojekte, aber auch Zuschüsse für das Weinmarketing und die Landwirtschaftskammern insgesamt rund 150 Millionen Euro sparen.

Weitere 24 Mill. Euro sollen Verwaltungsmaßnahmen wie Aufnahmesperren und Dienstreisekontingentierungen bringen. 22,3 Mill. Euro erwartet man von einer verstärkten Nutzung von Synergien zwischen Dienststellen, Beteiligungen und AMA. So werden etwa das Institut für agrarwissenschaftliche Forschung und das Institut für Bergbauernfragen zusammengelegt.

Nicht ungeschoren kommen auch die agrarischen Verbände davon. Die Mittel für sie werden um rund zehn Prozent gekürzt. Über vier Jahre macht das 1,3 Mill. Euro.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 28. Oktober 2010

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Buchtipp












Diesmal ein Buchtipp: Kollege Paul Trummer vom Kurier hat ein Buch geschrieben das sich niemand, der an dem Thema interessiert ist entgehen lassen sollte - aufschlussreich, lehrreich und ein weiter Blick über den österreichischen Tellerrand hinaus.

Pizza ist das beliebteste Fast Food der Welt – und das Produkt einer globalen Industrie. Paul Trummer will wissen, wie sein Lieblingsgericht hergestellt wird, und verfolgt den Weg der einzelnen Zutaten. Er stößt auf milliardenschwere Getreidehändler in den USA, afrikanische Tomatenpflücker in Italien und streikende Milchbauern in Deutschland. Die Entstehungsgeschichte einer einfachen Pizza erzählt von den komplizierten Bedingungen und fatalen Folgen unserer modernen Ernährung. Ein spannender und informativer Einblick in die oft verschlossene Welt der Lebensmittelbranche – der auch zeigt, was Sie selbst ändern können.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Landwirtschaft ist kein Platz zum Träumen





Die heimische Landwirtschaft ist in der Defensive. In Österreich gerieten die Bauern und die Gelder die sie bekommen im Gefolge der geplanten Budgetsanierung ins Kreuzfeuer, in Brüssel wird an einer Agrarreform gearbeitet, die nichts Gutes verheißt. Mit einem Mal scheint alles auf dem Prüfstand zu stehen. Das lässt bei den Bauern Zukunftsängste hochkommen. Zu verdenken ist ihnen das nicht, denn schon jetzt ist klar: Die Bauern sind in Zukunft in einem immer komplizierter und komplexer werdenden Umfeld sicherlich noch viel mehr auf sich selbst angewiesen, als sie es derzeit sind.

Auch wenn sich das so viele Bauern und auch Agrarpolitiker so sehr wünschen - einfache Lösungen, wie man in dieser Zukunft bestehen kann, gibt es nicht. Dafür fehlt es in Zukunft schlicht am nötigen Geld, mit dem bisher so viel in Österreich und in Europa zugedeckt wurden.

Die nötige Anpassung stellt an die Bauern große Anforderungen. Die wohl größte dabei: es gilt wirklich das zu werden, als das sich viele eigentlich ohnehin gerne sehen - Unternehmer.

Bauern können diese Empfehlung angesichts der Probleme die sich vor ihnen auftürmen zwar nicht mehr hören, abschauen können sie sich von ihren Kollegen in der Wirtschaft zumindest doch etwas.

Wenn die Bauern an den Stammtischen oder wo immer sie zusammenkommen nur die Hälfte der Zeit, die sie über die Agrarpolitik, die Konsumenten, den Handel und sonst was jammern, sondern über das Geschäft, über die Chancen, über die Zukunft reden würden, wäre schon einmal viel gewonnen.

So wie es Manager eben tun, Leute in der Wirtschaft. Die können auch jammern, keine Frage. Aber sie reden am liebsten von der früh bis spät darüber, was sie tun könnten, über Strategien, über Ideen. Die meisten zumindest.

Statt dessen verhalten sich allzu viele in der Landwirtschaft immer noch oft wie Gewerkschafter oder, wie ein Kollege zugegebenermaßen sehr pointiert aber doch treffend formulierte, „pragmatisierte Keuschler“. Dazu gehört auch immer ein wehleidiger Blick auf die Vergangenheit, bei dem gerne vergessen wird, wie es wirklich war.

Die Getreidebauern seien nur als Beispiel genannt. Es waren nicht viel mehr als zehn, 20 Jahre in den 1950er und 1960ern, in denen sie alleine vom Ackerbau leben konnten. Nicht vorher und nicht nachher. Vorher gab es Kühe und Schweine in den Ställen. Nachher suchte man Mieter, baute Wohnungen oder verdiente sich im Zu- und Nebenerwerb etwas dazu. Und dennoch zerbrechen noch heute viele Leute daran, schimpfen, leiden, hadern mit ihrem Schicksal. Ohne dass das irgendetwas bringen würde.

Dabei gibt es - auch wenn es noch so schwer ist - keine Alternative dazu, die Vergangenheit los zu lassen und ein neues Gedankenkonzept zurecht zu legen. Landwirtschaft ist hartes Brot. Da sollten sich die Bauern sich keiner Illusion hingeben und nicht ihre Energie an wehmütigen Argumentationen vergeuden.

Bei den Betriebsgrößen, wie wir sie in Österreich haben, ändern daran auch Energieproduktion, Vertragsproduktion und viele der Dinge, die die Agrarpolitik verfolgt, nicht wirklich etwas. Sie sind allenfalls geeignet dafür, die Preise nicht weiter rutschen zu lassen, aber keinesfalls dafür, die Einkommenssituation spürbar zu verbessern.

„Ja, aber der Landwirtschaft wird aber eine gute Zukunft vorausgesagt, sie gilt als Schlüsselzweig der Zukunft, da lehne ich mich zurück, bis dahin wird ich es schon aushalten“, heißt es dann. Da kann man nur sagen: Vorsicht! Das mag ja stimmen. Aber, man sollte nicht vergessen zu fragen: Was hilft es einem landwirtschaftlichen Betrieb nachhaltig, wenn die Getreidepreise möglicherweise von 10 auf 20 Cent steigen, der Milchbauer und der Schweineproduzent um ein paar Cent mehr bekommen, aber gleichzeitig die Fördergelder weniger werden oder gar teilweise ganz wegfallen?

Und es wird weniger Geld geben. Die Bauern und ihre Vertreter müssen damit zurande kommen. Das ist der Rahmen in dem sich Landwirtschaft in den nächsten zehn, 20 Jahren abspielen wird.

In Pessimismus zu verfallen wäre dennoch falsch. Bauern wie Agrarpolitiker sollten sich einen realistischen Blick anzugewöhnen. Die Größe eines Betriebes, die vielen als so entscheidend gilt, ist bei der Bewältigung der Zukunft, bei der Entwicklung einer Strategie für die nächsten Jahren sicher nicht das wichtigste Kriterium. Das zeigen viele der kleinen Betriebe, die es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte und die für sich dennoch tragfähige Lösungen gefunden haben.

Die sollten sich viele Bauern, die jetzt mit ihrem Schicksal hadern, ruhig zum Vorbild nehmen. Sie müssen zunächst einmal ihre Hausaufgaben machen – sparen, rechnen, kooperieren.

Viele werden ihre Zukunft als Patchwork-Bauern finden, mit Einkommen aus verschiedenen Quellen. Die Landwirtschaft kann eine davon sein, soferne sie sich organisieren lässt und soferne sie sich rechnet.

Es wird aber sicher auch größere Betriebe geben, weil der Stukturwandel durch die Ausbildung der jungen Generation auf der einen Seite und durch die bescheidenen Aussichten für die Landwirtschaft auf der anderen Seite wohl eine andere Qualität und mehr Tempo bekommen wird.

Von vorneherein schlecht ist das nicht: Dieser Strukturwandel bietet immer auch Chancen – Chancen für jene Bauern, die weitermachen wollen, bei denen die Situation besser passt, die sich in der Landwirtschaft etwas sehen.

Und noch etwas sollten Bauern nicht vergessen: sie haben etwas als Bauern, das nicht jeder hat - Grund, Haus, Gebäude. Man kann etwas daraus machen. Man kann sich aber auch ganz bewusst dafür entscheiden, daraus nichts zu machen, wenn glaubt, damit besser leben zu können.

Zugegeben, das alles mag einfach klingen und ist doch so unendlich schwierig. Aber es gibt halt nichts schönzureden.

Raiffeisenzeitung - 14. Oktober 2010

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Dienstag, 5. Oktober 2010

Wer gibt den Bauern Kraft für die Zukunft?





Selten hatte die Landwirtschaft so viele Schlagzeilen wie in den vergangenen Wochen. Mit den Agrargeldern für Wirtschaftsbosse, Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie und Agrarfunktionäre ließen sich vortrefflich politische Ränke schmieden. Und fertig war der perfekte Sommer-Mulatschag mit den Bauern mitten drin im politischen Hickhack.

Alles aus Sorge um die Bauern? Mitnichten. Denn von der Situation der Landwirtschaft, von Vorschlägen gar, wie die Bauern aus einer Dauerkrise in eine tragfähige Zukunft geführt werden könnten, war kaum die Rede.

Keine Frage, dass es im Agrarsystem reichlich Reformbedarf gibt. Das darf aber nicht den Blick auf die wirklichen Probleme der Landwirtschaft verstellen. Die können nämlich nicht nur mit Förder-Kürzungen für ein paar Superreiche bewältigt werden.

Darunter leidet die österreichische Landwirtschaft nicht wirklich. Die Themen sind andere: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, kleine Strukturen, schlechte Einkommen.

Die Bewirtschaftung von Stall, Feldern und Wäldern ist in Wahrheit längst ein Nullsummenspiel geworden. Mit den Erlösen für Milch, Fleisch oder Getreide sind gerade einmal die Produktionskosten zu decken. Als Einkommen und damit zum Leben bleibt meist nicht viel mehr als das, was die öffentliche Hand an Ausgleichszahlungen gibt. In den 19.000 Euro, die einem Bauern im Schnitt im Vorjahr blieben, steckten 18.000 Euro an öffentlichen Geldern.

Bei kleinen Betrieben ist laut Grünem Bericht das Verhältnis noch alarmierender. Durch die Bank gehen da sogar auch noch Fördergelder verloren. Im Klartext: Für sie wäre es günstiger das Geld zu nehmen und nichts zu tun. Dann bliebe ihnen mehr. Mit Verteilungsgerechtigkeit hat das nichts zu tun.

Angesichts solcher Relationen kann man – Leistungen für Umwelt hin, für Landschaft her - nur mehr fragen: Was hat man bloß aus der Landwirtschaft, was hat man aus den Bauern gemacht? Eine ganze Branche am Tropf? Angewiesen auf den guten Willen der Politik und hilflos?

Im Argumentationsgetümmel der vergangenen Wochen fragte das aber niemand. Die Gründe für diesen Zustand, oder Strategien gar, wie man den Bauern jedweder Größe wieder Kraft für eine tragfähige Eigenständigkeit geben kann, sind kein Thema. Geredet wird praktisch nur mehr über Förderungen.

Ausgerechnet die Partei jener, denen die Lebensmittel nicht billig genug sein können und die damit mit dazu betrugen vor allem die kleinen Bauern chancenlos zu machen, versucht sich zu deren Sprecher aufzuschwingen. Umverteilung klingt gut. Dass dadurch Strukturen einzementiert werden, die Wettbewerbsfähigkeit kaum gefördert und in der Substanz für die Landwirtschaft nichts geschähe, spielt da keine Rolle - und schon gar nicht, dass sich die Abhängigkeit des einzelnen Bauern von öffentlichen Geldern noch weiter vergrößern würde.

Die anderen sind kaum besser. Auch sie, hört man den Funktionären bis hinauf zum Minister zu, haben nur die Förderungen und deren Absicherung im Visier.
Keine Frage, derzeit kann die Landwirtschaft ohne Förderungen nicht leben. Das ist aber kein Grund, Agrarpolitik nur mehr über Förderungen und deren Verteilung zu definieren. Für keine Seite. Auch nicht für die Bauern.

Agrarprobleme mit Geld und noch mehr Geld zu lösen, funktionierte vielleicht bisher. Sich darauf auch in Zukunft zu verlassen, geht wohl ins Auge, denn damit ist angesichts der anstehenden Sparpakete und der EU-Agrarreform nun aber wohl Schluss.

Blick ins Land Oktober/2010

Samstag, 2. Oktober 2010

Schwieriger Weg zu echter Hilfe




Den kleinen Bauern, so tönt es von allen Seiten, muss mehr geholfen werden. Das ist gar nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick ausschaut. Die Preise sind zu niedrig, die bäuerlichen Betriebe in Österreich meist zu klein, um Agrarprodukte wirtschaftlich zu erzeugen. Das macht es schwierig, die Agrargelder, auf die die Bauern angewiesen sind, auf die Höfe zu bringen.
In einem schlechten Jahr wie 2009 sind die Fördergelder oft nur Durchlaufposten. Eigentlich dafür bestimmt, internationale Wettbewerbsnachteile auszugleichen und besondere Aufwendungen für Pflege von Landschaft und Umwelt abzugelten, landet ein Gutteil davon in Unternehmen im Umfeld der Landwirtschaft. Geld verbrennen könnte man das nennen.

Höhere Förderungen würden diesen Trend verstärken und die Landwirtschaft noch weiter weg von den Märkten und in die Abhängigkeit öffentlicher Kassen führen. Lässt man alles beim Alten, drohen vielleicht leere Regionen. Man darf gespannt sein, welcher Weg dazwischen gefunden wird.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft/Kommentar 2. Oktober 2010

Kleinbauern im Dilemma





Im Vorjahr wäre es für kleine Bauern besser gewesen, Fördergelder zu nehmen und nichts zu tun. So aber verloren sie Geld.

HANS GMEINER Salzburg (SN). 2009 war für die Bauern eines der schlechtesten Jahre seit Langem. Die Einkommen sanken gegenüber dem vorangegangenen Jahr um 28 Prozent. Deutlich wie selten zuvor wurde dabei die Abhängigkeit der Bauern von öffentlichen Geldern bloßgelegt. Besonders groß ist sie bei kleinen Betrieben. Dort waren laut Grünem Bericht die Ausgleichszahlungen und Förderungen durchwegs höher als das Einkommen, das den Bauern unterm Strich blieb. Im Klartext: Für diese Bauern – knapp die Hälfte aller Betriebe – wäre es wirtschaftlich sinnvoller gewesen, die Fördergelder einzustecken und nichts zu tun. Dann wäre ihnen mehr geblieben, als aus Produktion und Verkauf von Milch, Fleisch und Getreide. Schon bei einem durchschnittlichen bäuerlichen Betrieb mit 28,5 Hektar und 19 sogenannten Großvieheinheiten (19 Milchkühe oder 125 Mastschweine) blieb aus der Landwirtschaft selbst fast nichts. In den 19.000 Euro Einkommen steckten 18.000 Euro an Ausgleichszahlungen und Förderungen. Bei kleineren Betrieben gerieten im Vorjahr die Relationen vollends aus dem Lot:
■ Für einen 19,4-Hektar-Betrieb mit einem Forstanteil zwischen 25 und 50 Prozent weist der Grüne Bericht für das Vorjahr 13.500 Euro an öffentlichen Geldern, aber nur ein landwirtschaftliches Einkommen von 10.600 Euro aus.
■ Bei einem klassischen Futterbaubetrieb mit 16,9 Hektar und 16 Rindern blieben von den 11.600 Euro an Förderungen nur 5800.
■ Bei einem Marktfruchtbetrieb mit 16,4 Hektar, der überwiegend Getreide erzeugt, wurden aus 9500 Euro Förderungen nur 3400 Euro Einkommen.
Bei kleineren Betrieben ist die Relation von Förderungen und verbleibendem Einkommen entsprechend schlechter. Die Zahlen des Grünen Berichts legen damit das Dilemma der heimischen Landwirtschaft schonungslos offen. Zu gering ist angesichts der niedrigen Preise die Produktion der Betriebe, zu hoch sind die Kosten und zu schwierig oft die Produktionsbedingungen. Das Fördersystem kann seine Funktion nicht mehr erfüllen, die Bauern können es nicht mehr nutzen. So werden gerade die Subventionen für kleine Bauern zu Förderungen für Unternehmen in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereichen. Lagerhäuser, Landesprodukten- und Landtechnikhändler konnten sich freuen, dass die Bauern Teile des öffentlichen Geldes verwenden, um bei ihnen einzukaufen. Und Fleischhauern, Molkereien oder Getreidehändlern und Konsumenten kommt zugute, dass sie günstig und indirekt gefördert zu Produkten kommen. In der Diskussion um die Umverteilung der Agrarförderungen und eine Stärkung der kleinen Betriebe spielt das bisher freilich keine Rolle. Wie abgesichert werden kann, dass vor allem die Bauern von den Fördergeldern profitieren können und diese nicht wie heuer nur ein Durchlaufposten sind, der anderen Sparten zugute kommt, ist ungeklärt. Wie manches andere auch. Denn aus rein wirtschaftlicher Sicht spricht gegen die Umschichtung der Agrarmittel, dass die Struktur einzementiert, die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft nicht gestärkt und die Abhängigkeit vor allem der kleinen Bauern von öffentlichen Geldern weiter vergrößert wird. Zu berücksichtigen ist freilich der soziale Aspekt. Und der politische: Das Gesetz hat die flächendeckende Bewirtschaftung Österreichs als oberstes Ziel. Und die geht nicht nur mit großen Bauern.

Salzburger Nachrichten Wirtschaft - 2. Oktober 2010
 
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