Dienstag, 15. Juni 2010

Molkerei-Karussell gerät in Bewegung





HANS GMEINER Salzburg (SN). Aufregung unter den Bauern will die Berglandmilch-Geschäftsführung gleich gar nicht aufkommen lassen – nicht unter den eigenen und auch nicht unter denen, deren Milch man künftig verarbeiten will. Genau 24 Stunden, nachdem man die beabsichtigte Übernahme der Tirol Milch bekannt gegeben hatte, schob man per Aussendung die Ankündigung einer Preiserhöhung mit 1. Juli nach. 36,62 Cent pro Kilogramm Milch will man den Bauern bezahlen. Das sollte, so lautet offensichtlich das Kalkül, auch den Tiroler Bauern die Zustimmung zur Fusion mit dem größten heimischen Milchverarbeiter leichter machen. Denn die Beschlüsse in den Gremien stehen noch aus. Sie sollen noch im Juni gefällt werden und wahrscheinlich rückwirkend mit 1. Jänner dieses Jahres gelten. Spätestens bis Ende September solle alles auf Schiene sein, heißt es.

Knapp 1,2 Mrd. Liter Milch wird Berglandmilch in Zukunft verarbeiten. Das sind nicht weniger als fast 45 Prozent der gesamten heimischen Milchmenge. Geliefert wird sie von rund 16.000 Bauern. Der Umsatz wird ein Volumen von knapp 750 Mill. Euro erreichen. Erst im Vorjahr wurde die Welser Landfrisch-Molkerei übernommen.

Dass die Tirol Milch von einer anderen Molkerei übernommen wird, überrascht nicht. Überraschend kommt aber der Zeitpunkt. Die Tiroler wurden spätestens mit der Milchkrise, die Bauern und Molkereien seit zwei Jahren zusetzt, zum Sanierungsfall. Man versäumte wichtige Entwicklungen auf den Märkten und wurde wegen des hohen Anteils an Rohmilchexporten extrem von den Preisrückgängen auf den internationalen Märkten getroffen. 2008 setzte es in der Bilanz ein Minus von mehr als fünf Mill. Euro, im Vorjahr brachte man gerade einmal ein Plus von 352.000 Euro zusammen. Und das, obwohl die Milchpreise, die die Tiroler den Bauern zahlen, zu den schlechtesten in Österreich gehörten.

Die Bauern beobachten die Entwicklung freilich mit gemischten Gefühlen. Zum einen erwartet man sich eine deutliche Stärkung der Position gegenüber dem Handel. Zum anderen ist man mangels Alternativen auf den Erzeugermilchpreis, den Berglandmilch für gut befindet, in einem viel größerem Maß als bisher angewiesen.

Mit der Übernahme der Tirol Milch könnte die Neustrukturierung der heimischen Milchwirtschaft, die von allen Seiten seit Langem gefordert wird, endlich in Gang kommen. Immerhin gibt es im kleinen Österreich immer noch 92 Molkereiunternehmen mit 112 Betriebsstätten.

Vor allem auf die Salzburger Milchverarbeiter wächst der Druck. In den nächsten Wochen läuft für den finanzmaroden Käsehof, der auf einem Schuldenberg von 13 Mill. Euro sitzt, die Frist für die Suche nach einem Partner ab. Dem Vernehmen nach ist man sich mit der Salzburger Alpenmilch einig. Scheitert dieser Plan doch noch, will Raiffeisen Salzburg den Käsehof bei der Pinzgauer Molkerei unterbringen, heißt es. Dorthin gibt es über das Verpackungsunternehmen Hapack bereits enge Verbindungen. Die Bauern scheuen allerdings den straffen Finanzkurs, den dort Piëch-Partner Ulrich Schröder fährt.

Eine Rolle in Salzburg könnte auch die Gmundner Molkerei spielen. Sie kam im Vorjahr bei Landfrisch zu kurz und ist auf Partnersuche. Auch der Ennstaler Molkerei werden in Salzburg Interessen nachgesagt. Und wer weiß, was Berglandmilch noch vorhat?


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 15.06.2010

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