Samstag, 16. Januar 2010

„Halten den Preiskampf nicht mehr aus“





HANS GMEINER Berlin (SN). Im Lebensmittelhandel tobt, befeuert von Preisvergleichen der Konsumentenorganisationen, seit Wochen eine Preisschlacht wie kaum je zuvor. Die Prospekte der großen Handelsketten und Diskonter sind voll mit Sonderangeboten und noch nie da gewesenen „Tiefstpreisen“, die um bis zu 50 Prozent unter den Normalpreisen liegen. Schweinsschnitzelfleisch gibt es bei manchen Anbietern um 2,99 je Kilogramm, Kartoffeln um 25 Cent, Extrawurst um 1,88 Euro, Butterkäse um 7,13 und Mischbrot um 69 Cent.

Bei Bauern und Lebensmittelverarbeitern herrscht Alarmstufe Rot. „Wir halten das nicht mehr aus“, klagte Bauernkammerpräsident Gerhard Wlodkowski bei der Grünen Woche in Berlin. „Die Grenzen des Zumutbaren sind erreicht.“ Groß ist auch der Unmut bei den Lebensmittelherstellern. „Der Druck ist gewaltig“, sagte Michael Blass, Geschäftsführer des Verbands der Lebensmittelindustrie, im Gespräch mit den SN. Die jüngsten Preisschlachten hätten eine neue Qualität. „Damit bringt der Handel eine neue Kultur im Umgang miteinander ein“.

Diese neue Kultur empfindet Blass als alles andere als gut. Für ihn ist klar: "Schuld daran ist die Marktkonzentration". Die Revierkämpfe würden auf dem Rücken von Bauern und Lebensmittelerzeugern ausgetragen.

Die Bauern werfen den Handelsketten vor, mit ihrem Vorgehen die Qualitätsproduktion in Österreich zu zerstören. Wlodkowski: „Dabei geht es nicht allein um die Bauern, sondern auch um die Arbeitsplätze in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen“. Für Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich ist klar, wohin dieser Weg führt: „Mit der Jagd nach den billigsten Lebensmitteln kommt die industrialisierte Landwirtschaft.“ Der Kampf gegen die „Geiz-ist-geil“-Mentalität ist einer der Schwerpunkte seines heurigen Arbeitsprogramms. „Qualität geht nicht mit Schleuderpreisen“, sagt der Minister.

Wie Bauern und Verarbeiter mit dem Preisdruck wirklich fertig werden können, wissen sie freilich noch nicht so recht. Zum einen setzen sie auf das Verständnis der Konsumenten und ein entsprechendes Kaufverhalten. Zum anderen wollen sie neuerlich in Gesprächen versuchen, die Handelsketten zum Einlenken zu bringen.

Erst wenn die nichts fruchten, plant man härtere Maßnahmen. Wie die ausschauen könnten, will man noch nicht preisgeben. Bauernkammerpräsident Wlodkowski sagt: „Ich will noch nicht die Keule auspacken, bisher haben wir immer auch mit Gesprächen etwas erreicht.“


Salzburger Nachrichten Wirtschaft / 16.01.2010 / Print

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