Samstag, 1. November 2008

Fesche Party mit fatalem Ende?





Es war eine fesche Party, die da im schicken Wiener "Volksgarten" abging. Die Models waren sowieso fesch. Und auch die Schlagzeilen. "Sexy, selbstbewusst und kein bisschen langweilig: Der Jungbauernkalender für das Jahr 2009 zeigt die schönsten Seiten der heimischen Landwirtschaft."

Das pfeift! Alles paletti also, zeigte man doch allen: "Wir sind gar nicht so hinterwäldlerisch, wie alle meinen."

Na Gott sei Dank! Ist doch jetzt immerhin schon zehn Jahre lang Programm.

Aber sonst?

Aber sonst ist's, mit Verlaub, nicht so toll. Schon gar nicht so schlagzeilenträchtig. Da dienen die Jungbauern in der Öffentlichkeit allenfalls als Echo der Politik, die die Alten machen. Brav wird nachgebläfft, dass die Bauern keine Preistreiber sind, man "begrüßt" artig einen Bericht des EU-Parlaments über die Zukunft der jungen Bauern, man hält im Bierzelt die in der Zentrale gemalten Transparente in die Höhe, wenn ein Willi Molterer wahlkämpft. Und der Tag der "Jungen Landwirtschaft" ging vor wenigen Tagen bezeichnenderweise gleich in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern über die Bühne. Eines der zentralen Themen dort (ja, es beschleicht einen eine gewisse Vorahnung): Pensionsversicherung.

Und das am "Tag der jungen Landwirtschaft".

Da ist weit und breit nichts von dem zu sehen, was man vom bäuerlichen Nachwuchs erwarten würde: neue Ideen, neue Gedanken, Forderungen, ein Drängen und Nachdrängen. Nirgendwo auch nur so etwas Ähnliches wie ein Stachel im Fleisch der Altvorderen.

Schon gar nicht ein Stachel in deren Sitzfleisch. Von den insgesamt zwölf Abgeordneten, die für den VP-Bauernbund im neuen Nationalrat sitzen, ist nur ein einziger unter vierzig. Zweitjüngster ist übrigens dann schon der - wohl - künftige Vizekanzler, der auch auf dem Bauernbund-Ticket kandidierte.

All das sind aber nicht allein Probleme der Jungbauernschaft des Bauernbundes und damit der VP. Mitnichten. Es sind Probleme, die auf die gesamte junge Bauernschaft in Österreich zutreffen.

So tüchtig, offen und auch erfolgreich sich junge Bäuerinnen und Bauern bei der Arbeit und bei der wirtschaftlichen Führung ihrer Höfe zeigen, so sehr lassen sie immer öfter den Blick aufs Ganze vermissen.

Über dem Streben nach wirtschaftlichem Erfolg in der Landwirtschaft und Karriere im Nebenerwerb hat man vor allem die Bedeutung der Politik aus den Augen verloren. Weil man ohnehin bis weit über den Kopf nicht nur auf dem Hof, sondern auch im Job in der Arbeit steckt, hat kaum mehr jemand Lust, sich mit grundsätzlichen Fragen der Landwirtschaft respektive der Agrarpolitik oder der Position der Bauern in der Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Das ist ihnen nicht zu verdenken. Aber zu akzeptieren ist es deswegen noch lange nicht.

Nicht nur Ortsbauernschaften verkümmern, weil niemand mehr bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, sich vorne hinzustellen, Ideen zu entwickeln, an Lösungen mitzuarbeiten. Das zieht sich bis nach oben hin, bis in die Kammern, bis in die Parteien, bis ins Ministerium. Der Stil, die Formalismen, die Sitzungen, die Leerläufe - das alles zehrt oft nur an den Nerven. Der Nachwuchs ist verschreckt und wendet sich mitunter mit Grausen.

Er sollte es nicht. Denn ohne große Not und ohne viel Nachdenken geben damit die jungen Bauern die Landwirtschaft auf, ja schmeißen sie regelrecht weg.

Und das ist dann wohl nicht so fesch - und schon gar nicht sexy.

"Blick ins Land" Nr. 11/08 vom 01.11.2008

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