Freitag, 2. Oktober 2009

Butter schon bald teurer




HANS GMEINER Schlierbach (SN). Der Milchmarkt hat in den vergangenen Monaten die Talsohle durchschritten. Die Preiskurven von Blockbutter und Milchpulver, den beiden wichtigsten Indikatoren für die Marktentwicklung, zeigen wieder nach oben. Das sollen schon in den nächsten Tagen auch die Konsumenten zu spüren bekommen. „Es ist realistisch, dass zumindest die Butterpreise anziehen“, sagte Donnerstag Helmuth Petschar, Chef der Kärtnermilch und neuer Präsident der Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter. In Deutschland wurden die Butterpreise zum Teil bereits um bis zu 25 Prozent angehoben.

Die Bauern haben dennoch auch in den nächsten Monaten nur Schmalkost zu erwarten. So, wie es derzeit aussieht, waren die Preiserhöhungen, die mit 1. Oktober bei einigen Molkereien in Kraft traten, für heuer alles. „Wir müssen Geld verdienen, weil wir es uns nicht leisten können, negativ zu bilanzieren“, sagt Petschar. Im Vorjahr hätten die Molkereien zusammen einen Verlust von rund zehn Millionen hinnehmen müssen. Heuer schaue es kaum besser aus. „Nur wenn wir vom Handel vernünftige Preise bekommen, ist vielleicht noch eine schwarze Null möglich“, fügte Petschars Vorgänger Günther Geislmayr hinzu.

Die Milchverarbeiter wollen die Handelsriesen verstärkt in die Pflicht nehmen. Vor allem die Billigeigenmarken des Handels sorgen für Unbehagen. „Es ist unerträglich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Billigprodukte aus Deutschland und Holland in die Regale gestellt werden“, klagt ein Molkereichef hinter vorgehaltener Hand und liefert Zahlen: „Laut deutscher Exportstatistik lagen heuer die Käselieferungen nach Österreich im ersten Halbjahr um 11,4 Prozent höher als im Vorjahr.“

Im Handel weist man diese Vorwürfe entschieden zurück. „Die Molkereien sollen nicht jammern“, kontert man. „Im Ausland verkaufen sie viele Produkte billiger als bei uns“.

Für Nicole Berkmann von Spar liegt der Ball eindeutig in der Politik – „und da vor allem in Brüssel“. Und Rewe-Sprecherin Corinna Tinkler sagt: „Selbst bei den Billigmarken haben wir fast ausschließlich österreichische Ware in den Regalen. Aber wir müssen schauen, wie sich der Markt bewegt.“

Dass sich der Markt in Richtung Billigprodukte bewegt, muss auch die IG-Milch mit ihrem Produkt „a faire Milch“ zur Kenntnis nehmen. 30 Cent Preisunterschied zu vergleichbarerer Trinkmilch anderer Marken war auf Dauer zu groß. Bei Spar gehört das Produkt nicht mehr zum Pflichtsortiment.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

"Unappetitliches" aus dem Notizblock





Ganz abgesehen von der für viele dramatischen Preissituation - was den Milchbauern in den vergangenen Wochen von allen Seiten aufgetischt, vorgemacht und zugemutet wurde, geht in Wahrheit auf keine Kuhhaut. Was sich da im Laufe des Sommers an Zitaten, Informationen und Anmerkungen in meinem Notizblock ansammelte, ist mitunter entlarvend und stellt die Branche in kein gutes Licht. Es wirft nicht nur Fragen des Stils, sondern auch des demokratischen Verständnisses und vor allem des ehrlichen Umgangs mit den Bauern auf. Und es gibt auch eine Ahnung davon, warum es nicht gelingt, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Ich verzichte diesmal ganz bewusst darauf, die Vorgänge zu kommentieren. Die Leser mögen sich selbst ein Bild machen und das Ihre dazu denken. Und das mögen auch die Angesprochenen tun.

Die folgende Auswahl aus all den Zitaten, Notizen und Aussendungen will nichts anderes, als einen Eindruck davon vermitteln, welche politische Kultur man hierzulande pflegt, welches Verhältnis man zu Obrigkeiten hat und wie biegsam manches Rückgrat von Agrariern ist, auch wenn sie sonst gerne als Rebellen auftreten. Bemerkenswert sind sie allemal. Man sollte daran denken, wann immer irgendwer, der vorgibt, die Interessen der Milchbauern zu vertreten, wieder einmal allzu vollmundig daherschwadroniert.

* "Es kann nicht sein, dass sich eine intelligente Minderheit von einer deppaten Mehrheit pflanzen lässt." (IG-Milch Obmann Ewald Grünzweil auf der Rieder Messe in jener Versammlung, in der zum Milchstreik und Bauernaufstand aufgerufen wurde.)

* Am 16. September kündigt die IG-Milch an, dass sie zwei Tage später einen Gesprächstermin bei Bundeskanzler Werner Faymann hat. Am 18. September verschickt der ÖVP-Pressedienst eine Aussendung, dass sich die Bauernbundspitze zu einer Aussprache mit Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll trifft.

* "Die IG-Milch ist für das heutige Informationsgespräch mit Herrn Bundeskanzler Werner Faymann im Bundeskanzleramt sehr dankbar und ist beeindruckt, dass der Herr Bundeskanzler nicht nur enormes Interesse, sondern auch großes Verständnis und persönliche Betroffenheit zum Ausdruck brachte." (Aus einer Presseaussendung der IG-Milch nach dem Besuch bei Faymann.)

* Der Direktor einer Molkerei in der Obersteiermark weist in einem Telefonat Gerüchte weit von sich, dass in seinem Betrieb Analogkäse erzeugt wird. Einen Monat später gibt er dem Verein für Konsumentenschutz gegenüber zu, dass das doch geschieht - "aber nur für den Export".

* Die Molkereien klagen den ganzen Sommer hindurch über die dramatische Lage auf dem Milchmarkt. "Wir können nicht mehr auszahlen, als wir verdienen", heißt es immer wieder. Allenfalls die Talsohle sei erreicht. Und dann geht es auf einmal doch und der größte Milchverarbeiter Österreichs kündigt plötzlich eine Erhöhung der Erzeugermilchpreise an. Fünf Tage vor der Landtagswahl in Oberösterreich - und wenige Wochen, nachdem die Übernahme der Welser Landfrisch endgültig unter Dach und Fach war, die vom Land immer forciert wurde.

Die Bauern sollen trotzdem glauben, dass alle immer nur die Interessen der Milchbauern und sonst gar nichts vor Augen haben. Eine Kollegin brachte auf den Punkt, was das ist. "Alles unappetitlich", hat sie gesagt.

"Blick ins Land" Nr. 10/09 vom 01.10.2009
 
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