Freitag, 12. Juni 2009

Agrarpolitik für die Galerie




Die Kicker auf dem Fußballfeld grätschen mit großer Geste nach dem Ball, auch wenn sie keine Chance haben, ihn zu erwischen. Haben sie ihn dann doch einmal, steigen sie lieber einmal drüber, als ihn weiterzuspielen. Und im Straf raum setzen sie schon theatralisch zur Schwalbe an, wenn ihnen ein Verteidiger der gegnerischen Mannschaft auch nur nahekommt.

"Die spielen ja nur für die Galerie", sagt man dann. Wenig mannschaftsdienlich, wenig effizient, kaum zielorientiert. Nicht der Torerfolg zählt, sondern die große Geste.

Verzeihen Sie diesen Ausflug in die Welt des Sports. Aber dem Beobachter der Aktivitäten der heimischen Agrarpolitiker drängt sich schon seit geraumer Zeit dieser Vergleich auf. Die Beispiele häuften sich in den vergangenen Monaten.

Da "begrüßt" ständig irgendein schwarzer Agrarpolitiker wortreich, was der andere "Schwarze" macht. Da erklären die "Jungbauern" ihre Teilnahme an einem Marathonlauf zu einem "Zeichen für dynamische Politik". Da will der rote Agrarsprecher, der noch vor kurzem über hohe Konsumentenmilchpreise schimpfte, auf einmal "faire Preise" für die Bauern. Da poltert die IG-Milch fernsehgerecht über Verschwörungen, da gibt der BZÖ-Agrarsprecher vor, mit einem "scharfen Protest" bei Aldi in Deutschland wegen einer Preissenkung bei Milchprodukten Politik zu machen - potzblitz, da werden die aber zusammengezuckt sein.

Absichtserklärungen werden zu Erfolgen hochgeschrieben und Demonstrationen organisiert, um die Bauern bei der Stange zu halten. Da werden Gipfel einberufen und Konzepte angekündigt. Und da melden sich plötzlich Leute zu agrarpolitischen Themen wie Milch zu Wort, die keine Kuh von einem Stier unterscheiden können. Dazu die vielen Aufforderungen an die Konsumenten, österreichisch zu kaufen, jede Menge "No na"- Schlag zeilen wie "Unsere Milch verdient einen ordentlichen Preis" und viele andere Flachheiten mehr. Hier eine Aussendung, da noch ein paar Worte oder dort eine Schimpftirade. Sprechblasen allenthalben. Und das alles soll Politik sein?

Man kennt die Grillitschs, Wlodkowkis, Grünzweils, Gaßners, Pirklhubers, Jannachs und Hubers und wie sie alle heißen. Und auch der Minister versteht sich schon gut auf dieses Geschäft. Sie geben vor, Politik zu machen, und dabei geht es ihnen allzu oft doch nur um die Beruhigung der eigenen Wählerschaft, um politisches Kleingeld oder schlicht um die eigene Profilierung und um die Selbstdarstellung in den Medien.

Man mag es ihnen gar nicht verdenken, denn für alles finden sich Bauern, die dazu klatschen, sich an all das klammern, sich falschen Hoffnungen hingeben und zu Schlüssen verleiten lassen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben.

Dabei ist die meist, das müssen gerade die Milchbauern in diesen Wochen erkennen, ganz anders. Allem Getöse zum Trotz fällt der Milchpreis seit langem. Österreich ist, auch wenn manche so tun, keine Insel und die heimische Landwirtschaft ist nicht der Nabel der Welt. Die Musik spielt woanders.

Das wissen die Verantwortlichen jedweder Provenienz zumeist ganz genau.

Zumeist - denn nicht immer sind es Kalkül, Hilflosigkeit oder gar Bosheit, die das Handeln leiten. Oft ist es einfach das schlichte Gemüt oder das Fehlen von Ideen. Diese Leute freilich sind für die Bauernschaft noch gefährlicher, weil sie all die Spiele für die Galerie wirklich für Politik halten - derzeit gerade für die Milchbauern, morgen schon wieder für andere.

Blick ins Land" Nr. 06-07/09 vom 12.06.2009

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