Dienstag, 5. Mai 2009

Orkanwarnung für heimische Milchbauern





Trotz der Demos in der Vorwoche verfällt der Bauernmilchpreis. Auch im Handel werden die Preise sinken.

HANS GMEINER Salzburg (SN). In Vorwoche gingen Tausende Milchbauern auf die Straße, um gegen den Preisverfall in den vergangenen Monaten zu protestieren. Nun kommt es aber offenbar noch schlimmer. Die Gmundner Molkerei, Nummer drei in Österreich, senkt bis Juli den Bauernmilchpreis um rund 20 Prozent von zuletzt 34 auf knapp 27 Cent pro Kilogramm (inklusive 12 Prozent Mehrwertsteuer). In einem ersten Schritt wurde der Preis bereits ab 1. Mai um sechs Cent zurückgenommen.
An eine derart drastische Preissenkung kann sich selbst der Chef der Gmundner Molkerei und Sprecher der heimischen Milchwirtschaft, Günther Geislmayr, nicht erinnern. „Lange Zeit haben wir versucht, der Preissenkungswelle zu widerstehen, aber diese Welle ist stärker“, sagte er. Bisher zahlten die Salzburger Alpenmilch und die Tirolmilch mit rund 29 Cent inklusive Mehrwertsteuer die niedrigsten Preise.
Dass sich der Branchendritte zu einem derart drastischen Schritt entschließt, sieht man in der Milchwirtschaft als Signal, zumal das Preisniveau in Deutschland bereits an die 20-Cent-Grenze gerutscht ist.
Auch wenn sich derzeit niemand in den Vorstandsetagen der Milchverarbeiter im Detail zur weiteren Preisentwicklung äußern mag, gibt man zu erkennen, dass bald auch andere Molkereien mit Preissenkungen nachziehen werden.
„Der Schritt der Gmundner spiegelt die Situation auf dem Markt wider“, heißt es. Es gebe viel zu viel Milch, und die Bauern hätten bisher nicht auf den Angebotsüberschuss reagiert. Wie stark der Preisverfall bei Milch ist, zeigt der historische Vergleich. 27 Cent pro Kilogramm Milch wurden zuletzt Ende der 1970er-Jahre bezahlt. Vor einem Jahr, als die Bauern mit einem Milchlieferstreik gegen den Preisverfall protestierten, erhielten sie noch gut 40 Cent pro Kilogramm.
Preissenkungen scheinen auch im Lebensmittelhandel bereits ausgemachte Sache zu sein. In Deutschland mussten Aldi-Lieferanten für ihre Milchprodukte in den vergangenen Tagen Preisabschläge im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen. Trinkmilch soll dort um 49 Cent pro Liter in die Regale kommen.
Erfahrungsgemäß folgen die heimischen Handelsketten mit einigen Wochen Verzögerung den deutschen Trends. Preissenkungen um bis zu 20 Prozent gelten als möglich. Konkret will sich dazu niemand äußern. Ob die Billigpreise den Markt entlasten werden, wird aber selbst in der Molkereibranche bezweifelt. Niemand würde mehr Milch trinken, wenn diese statt 75 nur 69 Cent koste.
Wirtschaft / 05.05.2009 / Print

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