Dienstag, 21. April 2009

Taschenspieler im Kuhstall




Die Landwirtschaft gerät zunehmend in den Sog der Krise. Vor allem die Situation in Osteuropa macht zu schaffen. Die Bauernvertreter stehen der Entwicklung hilflos gegenüber. Was sie den Bauern anbieten, gemahnt eher an Taschenspielertricks denn an Hilfe.
So rühmt man sich etwa seit Monaten mit Milchprämie und erhöhter Agrardieselvergütung ein „Konjunkturpaket" gegen die Krise geschnürt zu haben. Dabei ist dieses Paket nicht anderes als eine Mogelpackung, wurde es doch schon im Sommer des Vorjahres vorgestellt - damals als Wahlkampfzuckerl.
Damit nicht genug. Die Milchprämie wird nicht, wie man immer den Eindruck erweckt, 50 Millionen, sondern nur 26 Millionen Euro direkt für die Bauern geben. Macht, umgelegt auf ein Kilogramm Milch, gerade einmal einen Cent aus. Nicht gerade viel bei Preiseinbußen von 15 und mehr Cent. Kein Wunder, dass viele Bauern es als Hohn empfinden, da von Hilfe zu sprechen.
Das gilt auch für die nun geplante Aussetzung der Erhöhung der Produzktionsquoten bei Milch, um den Preisverfall zu stoppen. Warum geht jetzt auf einmal, was bisher als unabänderlich galt? Es passt jedenfalls in die Linie - schaut gut aus, bringt aber wenig. Außer falsche Erwartungen und enttäuschte Hoffnungen.

Von Hans Gmeiner am 21. Apr 2009 in Wirtschaft

Krise greift nach den Bauern





Die weichen Währungen und die Krise in Osteuropa bringen die Bauern und die Verarbeiter von Lebensmitteln gewaltig unter Druck.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Im vergangenen Herbst schlug bereits die Holzwirtschaft Alarm, nun ist auch in der Landwirtschaft Feuer auf dem Dach. Die Krise und die damit einhergehenden Währungsturbulenzen bringen die Warenströme durcheinander. Vor allem Osteuropa macht Sorgen. Zum einen kommen die Ausfuhren in Länder wie Ungarn, Polen, Rumänien oder Russland ins Stocken, weil sich die Menschen dort die Waren aus Westeuropa nicht mehr leisten können. Zum anderen sorgt die kräftige Abwertung mancher Ostwährungen für starken Preisdruck, weil die Importe von Agrarprodukten wie Getreide aus diesen Regionen wesentlich billiger wurden. Schutzzölle, wie sie in Russland bei Agrarimporten gang und gäbe sind, machen die Lage nicht einfacher. Einbußen in Osteuropa Für die heimische Land- und Lebensmittelwirtschaft steht viel auf dem Spiel. In den vergangenen Jahren baute man erfolgreich neue Märkte auf. „Zweistellige Zuwachsraten im Export waren die Regel“, sagt Josef Domschitz von der Wirtschaftskammer Österreich. Allein 2008 wuchsen die Exporte in diese Länder (ohne Russland) um 25 Prozent auf knapp 1,4 Mrd. Euro.
Dieser Boom ist nun ins Stocken geraten. „Es gibt spürbare Einbußen“, sagt Josef Braunshofer, Chef der Berglandmilch. Von Rückgängen von 50 und mehr Prozent spricht Hans Schlederer, Geschäftsführer der Schweinebörse. Forint, Zloty und andere Währungen werteten in den vergangenen Monaten um bis zu 40 Prozent ab. „Damit sind unsere Produkte für die Konsumenten dort zu teuer geworden“, sagt Schlederer.
Als zusätzlicher Hemmschuh erweist sich die angespannte Situation bei der Finanzierung von Exportgeschäften. Die Exporteure trauen sich nur mehr gegen Bankgarantien oder Vorauskassa zu liefern, um zu ihrem Geld zu kommen. Genau damit tun sich die Importeure in den betroffenen Ländern schwer.
Auch die Vorsicht der heimischen Banken erweist sich nicht als Hemmschuh, wird geklagt. „Bei der Einschätzung des Risikos steht oft nicht mehr die Bonität des einzelnen Kunden, sondern immer öfter die des Landes, in dem er sitzt, im Vordergrund.“
Noch schwerwiegender als die Einbußen im direkten Geschäft wirkt sich die Veränderung der Warenströme auf die heimischen Bauern und Verarbeiter aus. Schweinefleisch, Milch und andere Agrarprodukte, die derzeit nicht in Osteuropa verkauft werden können, sorgen auf dem westeuropäischen Markt zunehmend für Preisdruck. Billigkäse, der für Russland bestimmt war, kommt in Deutschland in die Geschäfte und drückt dort und damit indirekt auch in Österreich auf die Preise. Schweinefleisch, das in Warschau oder Moskau nicht verkauft werden kann, wird nun in Berlin und München angeboten oder eingelagert. „Die Lager füllen sich rasant“, heißt es. Getreidepreise unter Druck Bei den Importen hingegen wirken sich die Krise und die neuen Währungsrelationen, die Produkte aus Ländern wie Ungarn, Polen oder Tschechien wesentlich verbilligen, vorerst kaum aus. „Da ist noch nichts erkennbar“, sagt Franz Sinabell vom Wifo. Das könnte aber bald anders werden. „Wir haben über Jahre von den Währungsrelationen profitiert, jetzt kann es sein, dass wir Dampf kriegen.“
Auf den Getreidemärkten ist das längst der Fall. Der Preisverfall im vergangenen Herbst hatte nur zum Teil mit dem großen Angebot zu tun. „Da wurden die gesunkenen Wechselkurse bereits eingepreist“, sagt der Getreidehändler Thomas Lang von der Linzer Intertrading. Die Preise für Mais und Weizen liegen deutlich unter dem Vorjahresniveau. Selbst Biomais ist derzeit in Ungarn um rund ein Drittel billiger als in Österreich.
Das könnte sich aber bald wieder ändern. Wegen des fehlenden Kapitals und der schlechten Preise wird in Osteuropa heuer deutlich weniger Sommergetreide und Mais angebaut. Das sollte Druck aus dem Markt nehmen und vielleicht bessere Preise bringen – auch das ist eine Folge der Krise.
Wirtschaft / 21.04.2009 / Print

Freitag, 10. April 2009

Mit „Maximum Power gegen Ungräser" in „Goldene Ähra"





In der Landwirtschaft kann man nichts verdienen, aber an der Landwirtschaft. Sagen die Bauern. Dieser Satz mag nicht immer zutreffen, steht doch vielen Branchen rund um die Landwirtschaft selbst das Wasser bis zum Hals.
Vielen, aber offenbar nicht allen. Die Pflanzenschutzmittelindustrie scheint nicht dazu zu zählen.
Kiloweise und ohne große Rücksicht auf Kosten wird den Bauern in den Wochen vor Beginn der Arbeit auf den Feldern Prospektmaterial angedient. Zuweilen mit dürftigem Informationsgehalt, aber oft bis zu 80, 90 Seiten dick. Schweres Papier, Hochglanz und aufwändig illustriert.
Da schwingen sich Stabhochspringer an Gerstenhalmen in die Höhe, wollen Bilder von Wildkatzen signalisieren, dass die „unschlagbare Komplettlösung" dennoch „Sanft zum Getreide" ist, und wird schon einmal ein Maiskolben mit Trägerraketen und Flügeln zu einem Spaceshuttle umgebaut. Dazu Tabellen, Pfeile, Zeichnungen - kurzum alles was ein moderner Grafikcomputer heute so hergibt.
Es geht offenbar um viel. Mancher Texter will den Grafikern nicht nachstehen und zieht ebenfalls alle Register - oder was er dafür hält. „Die Goldene Ähra hat begonnen." Von den Bauern fordern sie: „Beherrschen sie das Feld" - völlig losgelöst, völlig frei von Hemmungen. Als fühle man sich, so zwischen Landwirt und Pflanzenschutzmittelhersteller, unter sich. Da hält es der Wolf nicht für nötig, Kreide zu fressen, ist von Verantwortung wenig zu spüren.
Woran der Landwirt gewohnt sein mag, darüber staunt der Beobachter. Zumal einer, der an das Gute und Ökologische in der heimischen Landwirtschaft glaubt, von dem er immer hört.
Der tut sich schwer. „Maximum Power gegen Ungräser" wird da versprochen, „Viele Schädlinge - eine sichere Lösung" oder gleich ein „Allesreiniger" gegen Unkräuter in Mais. „Husar", „Puma", „Karate", „Zorro", „Boxer" heißen die Mittel, die das können.
Nur ein Werbespruch hat sich offenbar verirrt: „Messerscharf gegen Unkräuter." Und das in einem Prospekt eines Chemie-Multis. Ausgerechnet. Messer? Keine Chemie?
Ein Fauxpas, der freilich wohl nicht ins Gewicht fällt. Denn das Geschäft von Firmen wie Bayer, Syngenta, BASF, Kwizda und wie sie alle heißen, brummt auch im kleinen Österreich. Die Umsätze wachsen kräftig. 92 Millionen Euro setzt die Branche laut „Grünem Bericht" 2008 des Landwirtschaftsministeriums im Jahr um. Das waren um 25 Prozent mehr als drei Jahre zuvor.
Weil die verkaufte Menge in diesem Zeitraum nur um 300 Tonnen auf 8800 Tonnen stieg, liegt die Vermutung nahe, dass die Bauern doch recht haben: In der Landwirtschaft kann man nichts verdienen, aber an der Landwirtschaft.

Von Hans Gmeiner am 10. Apr 2009 in Wirtschaft

Samstag, 4. April 2009

Vom „Spinner“ zum „Winner“





Mit Kräutern und Gewürzen verschaffte Johannes Gutmann nicht nur sich einen Job, sondern auch 150 Bauern ein Einkommen.

HANS GMEINER Sprögnitz (SN). Schräge Outfits scheut der Mann nicht. Seine Brille ist rund und sehr rot. Selbst bei Präsentationen im fernen Moskau trägt er an breiten Hosenträgern eine Lederhose, die schon sein Vater anhatte. Johannes Gutmann lacht. Der hagere Waldviertler weiß, dass das bei seiner Kundschaft ankommt. Mit seinem Unternehmen „Sonnentor“ macht er seit mehr als 20 Jahren vor, wie man selbst in so kargen Landstrichen wie dem Waldviertel etwas erreichen kann. „Für mich ist es das Schönste, zu zeigen, was aus einer ,spinnerten Idee‘, wie man bei uns sagt, geworden ist“, sagt er. „Vom Spinner zum Winner sozusagen.“ Und wieder lacht er.
Das war nicht immer so. 1988 stand Gutmann auf der Straße. Gekündigt. Arbeit gut gemacht, hieß es, aber die Fördermittel seien zu Ende. „Wir brauchen dich nicht mehr.“ Nach Wien gehen wollte Gutmann nicht. „Ich habe dann damit angefangen, für drei Bauern Kräuter und Gewürze zu vermarkten.“ Das Symbol, unter dem er das tat, verstand der Bauernsohn als Kampfansage. „Die Sonne auf dem Tor eines Bauernhauses war im Mittelalter das Symbol der freien Bauern.“
Damals hatte sein Angebot auf einem kleinen Tisch Platz. Heute scheinen die Hallen von Sonnentor den kleinen Waldviertler Ort Sprögnitz in der Nähe von Zwettl schier zu sprengen. Einen Hektar ist das Firmengelände inzwischen groß. Mehr als 600 verschiedene Artikel hat Sonnentor im Angebot. Von der „Alles-Liebe-Gewürzblüten-Mischung“ mit rosa Pfeffer und getrockneten Früchten wie süßen Erdbeeren und säuerlichen Himbeeren bis hin zum Tee-Adventkalender, der im Vorjahr 400.000 Mal verkauft wurde. Kaffee gibt es neuerdings auch. Und Seifen und Aufstriche. Alles in Bioqualität.
Längst unterhält Sonnentor jenseits der Grenze in Tschechien eine eigene Tochterfirma und betreibt in Rumänien und in Albanien Anbauprojekte. 4,5 Mill. Euro betrug der Umsatz 2002. Heuer, das Geschäftsjahr endete am 31. März, würden es gut 18 Mill. Euro sein, sagt Gutmann. 4,5 Millionen davon kommen aus Tschechien.
Im Tee- und Gewürzfachhandel hat Sonnentor in Österreich mittlerweile einen Marktanteil von 50 Prozent. In Deutschland gehört das Unternehmen mit 25 Prozent Marktanteil zu den Top Drei. Knapp 75 Prozent des Umsatzes werden derzeit in insgesamt 46 Exportländern – bis hin nach Neuseeland – erzielt. Mittlerweile ist Sonnentor im Waldviertel sogar zum Fremdenverkehrsfaktor geworden. Rund 20.000 Besucher kommen jährlich nach Sprögnitz, um die Welt der Kräuter und Gewürze kennenzulernen und um im Shop einzukaufen. „Der Hannes hat Handschlagqualität“ Sonnentor beschäftigt 160 Mitarbeiter, 57 davon in Tschechien. Und aus den drei Bauern, die Gutmann am Anfang belieferten, sind inzwischen 150 geworden. Sie bauen auf 500 Hektar an, was Sonnentor braucht. Dazu kommen weitere 250 Hektar im Ausland.
Die Bauern wissen inzwischen den „Spinner“ zu schätzen. „Er hat Handschlagqualität, sieht immer alle Seiten und bemüht sich auch um uns Produzenten“, sagt Kurt Kainz, der von Anfang an dabei ist.
Darauf legt Johannes Gutmann besonderen Wert. Trotz des rasanten Wachstums ist er bei den Wurzeln geblieben. „Nachhaltige biologische Landwirtschaft ist unsere Erfolgsgrundlage“, sagt er. An seiner Grundidee, kleine bäuerliche Strukturen, wie sie im Waldviertel gewachsen sind, zu erhalten und zu nützen, hält er nach wie vor fest. „Leben und leben lassen, gegenseitige Wertschätzung – darum geht es.“ Shops bald in ganz Österreich Weil das eine Aufgabe ist, die nie aufhört, schmiedet Gutmann schon wieder Pläne. Mit der Marke „Bodenschätze“, unter der ebenfalls Tee und Kräuter verkauft werden, will er in den Handelsketten Fuß fassen. „Bei Zielpunkt sind wir bereits gelistet und erzielten rund 100.000 Euro Umsatz.“
Intensiv arbeitet er auch an einem Shop-Konzept. „Der erste Franchise-Shop in St. Pölten übertraf unsere Erwartungen bei Weitem“. Vor Kurzem wurde das zweite Geschäft in Linz eröffnet. Bald sollen weitere Shops in Wien, Graz und Salzburg folgen.
Gutmann lacht wieder. „Gönn dir eine Prise Sonne jeden Tag“, steht auf den T-Shirts, die in seiner Firma getragen werden. Offenbar ist das wirklich ein guter Rat.
Wirtschaft / 04.04.2009 / Print

Freitag, 3. April 2009

Österreichs Qualität verschwindet im "S-Budget"-Loch - ist das "Clever"?




Da ist nichts zu lesen von den Vorzügen heimischer Produktion, selten von gentechnikfreier Fütterung, kaum etwas von der Besonderheit österreichischer Herkunft und schon gar nicht gibt es Bilder oder Ähnliches, die eine positive Beziehung zwischen Konsument und Produkt aufbauen könnten. "Clever-Vollmilch" steht auf dem Milchpackerl im Billa-Regal, "S-Budget" oder Ähnliches auf denen bei der Konkurrenz. Und damit basta. Beim Käse ist es nicht anders, beim Topfen nicht, beim Jo -ghurt, bei Gemüse. Und bei Wurst und Fleisch erst recht.

In Zeiten der Krisen boomen die so genannten Handelsmarken. Da zählt nicht mehr das Haus, aus dem das Produkt kommt, nicht mehr, wie es produziert wurde, nicht mehr, wer dahintersteht - da zählt nur mehr der Preis. Hauptsache um zehn, 20, ja 30 Prozent billiger.

Die traditionellen österreichischen Lebensmittelmarken stehen massiv unter Druck. Sie zählen seit Monaten zu den Verlierern, während die zumeist anonymen Eigenmarken der Handelsketten immer stärker zulegen. Die Dimensionen, die dieser Trend erreicht hat, sind in manchen Produktgruppen gewaltig. Bei Sauerrahm etwa liegt der Anteil bei mehr als 55 Prozent, bei Topfen sind es 38 Prozent und bei Trinkmilch 33. Insgesamt werden laut AMA Marketing mittlerweile 22,2 Prozent aller Milchprodukte in Österreich über Eigenmarken verkauft.

Denn im Klartext heißt das: Für jedes fünfte Molkereiprodukt spielen die Marken- und Qualitätspolitik, die Herkunft und die Produktionsweise und all die anderen Dinge, die als Geheimnis und Zukunfts chance der heimischen Landwirtschaft gelten, keine Rolle mehr. Tendenz stark steigend. Und in anderen Produktgruppen ist es kaum anders.

Österreichs Landwirtschaft ist dabei, die Position, die sie sich in den vergangenen 20 Jahren auf dem Markt und bei den Konsumenten mit geschickter Werbung, viel Engagement und zahlreichen Aktionen aufgebaut hat, wieder zu verlieren. Denn Eigenmarken machen nicht nur Druck auf das Preisgefüge, sie machen die heimischen Ag rarprodukte auch beliebig austauschbar. Da muss ja dann Milch, Fleisch oder Gemüse nicht mehr unbedingt aus der Steiermark oder aus Tirol kommen, sondern kann auch aus dem bayrischen Wald, aus Sachsen oder gar aus Tschechien stammen - weil die Ware dort gerade billiger zu kriegen ist. Und keiner merkt's.

Der Trend zu Eigenmarken stellt die ganze Markenpolitik der heimischen Landwirtschaft, die ganze Qualitätsstrategie der vergangenen Jahre auf den Prüfstand. Und die schneidet dabei nicht wirklich gut ab, wenn gleich beim ersten Wind die Absätze einbrechen und das, worauf man so lange gebaut hat, mit einem Mal bei den Konsumenten nichts mehr wert ist. Bei meiner Ehr'.

Wie richtig liegt man noch, wenn bei immer mehr Produkten nur mehr der Preis zählt? Was bedeutet das für die Ausrichtung der heimischen Landwirtschaft, für die Bauern wirklich? Zuweilen kann man sich des Eindrucks nicht erweh ren, dass diese Entwicklung auf die leichte Schulter genommen wird, obwohl man den Anpassungsbedarf spürt. Man weiß, dass Regionalität das neue Zugpferd ist, dass die Konsumenten für ihr Geld einen Zusatznutzen haben wollen. Man braucht aber auch eine Strategie für die Billig-Linien, will man auf dem heimischen Markt Anteile halten.

Man sollte darauf reagieren. Schleunigst und effizient. Anderes kann sich die Landwirtschaft nicht leisten.

Blick ins Land" Nr. 04/09 vom 03.04.2009

Molkereien in den roten Zahlen






HANS GMEINER Wien (SN). Für die heimischen Milchbauern war 2008 wegen der hohen Bauernmilchpreise in der ersten Jahreshälfte ein Rekordjahr. Für die Molkereien war es genau deswegen eines der schlechtesten Jahre in ihrer Geschichte. „Mehr als 50 Prozent schreiben rote Zahlen“, sagte Donnerstag Günter Geislmayr, Präsident des Verbands der heimischen Milchverarbeiter und Chef der Gmundner Molkerei.
Die Milchverarbeiter konnten das hohe Bauernmilchgeld nicht in den Preisen für Trinkmilch, Butter, Topfen und Käse unterbringen. Zudem gab es Absatzeinbußen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit drehte von plus 1,4 Prozent des Umsatzes 2007 im Vorjahr auf minus 0,4 Prozent, obwohl der Umsatz der Branche um sieben Prozent auf 2,14 Mrd. Euro zulegte.
Angesichts der lauter werdenden Stimmen, die wegen der prekären Lage eine strukturelle Neuordnung der Branche fordern, zeigt sich Geislmayr zurückhaltend. „Man darf sich davon keine Wunder erwarten, die Bauernpreise werden nicht besser.“
Dabei versucht Geislmayr selbst derzeit alles, um die Struktur seines Unternehmens zu verbessern. Im Poker um die Landfrisch Wels ist er bereit, bis zu fünf Mill. Euro in die Hand zu nehmen. Er bietet den Landfrisch-Bauern vier Cent pro Kilogramm, wenn sie für den Zusammenschluss mit den Gmundnern stimmen und damit zur Berglandmilch, die von Vorstand und Aufsichtsrat als künftiger Partner bevorzugt wird, Nein sagen.
Für die 42.000 österreichischen Milchbauern sind die Zahlen und Preise aus 2008 längst Geschichte. Sie werden heuer vorsichtigen Schätzungen zufolge trotz wesentlich höherer Produktionskosten nur rund eine Mrd. Euro Milchgeld bekommen, um rund 200 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Das wären pro Betrieb Einbußen von 6000 Euro.
Wirtschaft / 03.04.2009 / Print
 
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